Reblog: Deutscher Lumpen-Pazifismus

Anm. d. Red.: Heute ist der Stichwahl Le Pen – Macron, ortodoksyjna Wielkanoc. Putin bombarduje Odessę.

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Eine Kolumne von Sascha Lobo

Polska wersja, w tłumaczeniu Uli Ptak - poniżej

Ein substanzieller Teil der Friedensbewegung ist in seiner Selbstgerechtigkeit das Beste, was Putin passieren kann. Leider hat er in der Politik und besonders in der SPD mächtige Partner.

Transparent mit der Aufschrift »Wer Waffen liefert, sollte selbst Menschen töten!« beim Hamburger Ostermarsch: Zutiefst egozentrische Ideologie 
Foto: Markus Scholz / dpa

»Ich wage es zu behaupten, daß, wenn die Juden die Seelenkraft, die allein aus der Gewaltfreiheit entspringt, zu ihrer Unterstützung aufböten, Herr Hitler sich vor einem Mut, wie er ihn im Umgang mit Menschen bisher noch nie in nennenswertem Maße erfahren, verbeugen würde.« Diese Zeilen wurden Ende 1938 geschrieben, und zwar von einem Pazifisten, von dem Pazifisten, nämlich Mahatma Gandhi. Kurz darauf erklärte er noch, es könne wohl keinen jüdischen Gandhi in Deutschland geben, weil der »höchstwahrscheinlich nicht länger als fünf Minuten wirken« könne, »ehe er unverzüglich zur Guillotine geschleift würde«. Was bedeutet, dass Gandhi wusste, was Juden in Deutschland passieren konnte. Gandhi ist nicht nur bis heute ein Vorbild für viele Pazifisten, sondern war auch eine sagenhafte Knalltüte.

Die deutsche Friedensbewegung schien zu ihrem diesjährigen Hochamt, den Ostermärschen für den Frieden, grob zweigeteilt. Auf der einen Seite stehen die Vernunftorientierten, die es natürlich auch gibt, die einen aufgeklärten, realistischen Pazifismus verfolgen. Darunter kann man verstehen: Skepsis gegen Militarismus, Brechung kriegspositiver Erzählungen, Radikalität bei der Schaffung der Voraussetzungen für Frieden, aber eben auch Akzeptanz des Wunsches von Angriffsopfern, sich zu verteidigen.

Auf der anderen Seite steht ein substanzieller Teil der Friedensbewegung, die ich den deutschen Lumpen-Pazifismus nennen möchte. Es handelt sich dabei um eine zutiefst egozentrische Ideologie, die den eigenen Befindlichkeitsstolz über das Leid anderer Menschen stellt.

Lumpen-Pazifisten mögen mit der Realität nicht besonders viel anfangen können, aber sie sind nicht in erster Linie naiv, wie ihnen oft vorgeworfen wird. Naivität ist unangenehm, aber keine Schande. Lumpen-Pazifisten sind zuvorderst selbstgerecht. Es sind Menschen, die sich eine Jacke anziehen und sofort vergessen, was es heißt zu frieren. Menschen, die ihren Stuhlkreis-Prinzipien auch um den Preis des Lebens Dritter folgen. Menschen, die im Angesicht des russischen Angriffshorrors in der Ukraine nichts tun wollen, genau: nichts. Kurz, es sind Menschen wie der Friedensbeauftragte der evangelischen Kirche in Deutschland, Bischof Friedrich Kramer. Er sagt auf die Frage, wie man auf die Kriegsverbrechen des Diktators Putin in der Ukraine reagieren solle: »Manchmal können wir alle nur hilflose Zuschauer sein. Und das ist vielleicht gut so.« Es scheint mir kaum möglich, die eigene Ungerührtheit im Angesicht tot gebombter Kinder noch maliziöser zu feiern. Aber gut, es ist ein Bischof.

Dem russischen Faschistenführer Putin kann gar nichts Besseres passieren als solche westlichen Führungsfiguren, die direkt oder indirekt sagen, dass uns die Ukraine nichts angeht. Die Lumpen-Pazifisten haben speziell in der Politik und noch spezieller in der SPD, der Friedenspartei, einige mächtige Partner. Man erkennt sie an der Parallelität der Argumente. Bischof Kramer steht nämlich nicht nur selig hilflos daneben, er schreibt der Regierung auch vor, wie sie mit dem Konflikt umgehen soll. Waffenlieferungen sind natürlich tabu, vor allem aber sagt Kramer: »Wir dürfen da nicht gesinnungsethisch reingehen, wir müssen nüchtern draußen bleiben«. Wann um alles in der Welt soll man gesinnungsethisch sein, wenn nicht jetzt? Mit ermordeten und vergewaltigten Zivilist*innen sonder Zahl? Gesinnungsethik bedeutet hier, dass man rote Linien zieht, deren Überschreitung Folgen haben müssen: das Gegenteil von Appeasement. Zumal es nicht darum geht, dass die Nato in der Ukraine aktiv mitkämpft. Sondern um Waffenlieferungen. Der klügste, lustigste und traurigste Tweet dazu: »Weil wir nicht genau wissen, was Russland alles als Kriegserklärung verstehen könnte, habe ich mich entschieden die Spülmaschine heute nicht auszuräumen.«

Jetzt lieber nüchtern, keine nervige Ethik, die Putin womöglich »missverstehen« könnte, sondern pragmatisch zuschauen, sagt der Bischof. Wir schalten zu Michael Müller (SPD), dem früheren Regierenden Bürgermeister von Berlin, inzwischen Bundestagsabgeordneter. Der sagt bei n-tv: »Ich staune bei einigen, die sich auch die Situation vor Ort angeguckt haben, wie schnell man jetzt nach schweren Waffen ruft.« Schnell? Also bereits nach wenigen Zehntausend Toten, gefolterten, vergewaltigten, ermordeten Zivilist*innen, massenhaften Kriegsverbrechen? Die angegriffenen Ausschussvorsitzenden des Bundestags, die in der letzten Woche in Lwiw vor Ort waren, mussten sich schon von Olaf Scholz als »Jungs und Mädels« verspotten lassen, und jetzt mahnt Exbürgermeister Müller sie zur Langsamkeit in Sachen Waffen.

Die Organisatoren der pazifistischen, traditionellen Ostermärsche fühlten sich leider nicht in der Lage, den russischen Angriffskrieg zu verurteilen, aber glaubten trotzdem, für den Frieden zu demonstrieren. Besonders plakativ stellten diejenigen ihre Lostheit zur Schau, die ernsthaft gegen die Nato – und nur die Nato – »klare Kante« zeigen wollten.

Wenn man von den deutschen Lumpen-Pazifisten die vielen Schichten des platten Antiamerikanismus entfernt, dann bleibt ein Kern übrig. Nämlich die Mischung aus dem Recht des Stärkeren und der Täter-Opfer-Umkehr, die schon Gandhi zusammengemanscht hat: »Wenn die Juden, anstatt hilflos und notgedrungen gewaltlos zu sein, sich wohlüberlegt Gewaltfreiheit, das heißt Mitgefühl, für die nichtjüdischen Deutschen zu eigen machten, so könnten sie den Deutschen nicht nur keinen Schaden zufügen, sondern würden – da bin ich mir so sicher, wie ich diese Zeilen diktiere – das härteste deutsche Herz schmelzen.« Und als bizarro-antisemitische Vorrede dazu: »Laßt die Juden, die den Anspruch erheben, das auserwählte Volk zu sein, ihren Anspruch dadurch beweisen, daß sie den Weg der Gewaltfreiheit wählen, um ihre irdische Existenz zu verteidigen.« Da liegt der Lumpen-Pazifismus ausgestreckt und zeigefingert den Angegriffenen nicht nur, dass sie selbst schuld sind, wenn ihre Gewaltfreiheit nicht funktioniert. Sondern auch, dass sie nicht besser sind als die Angreifer, wenn sie vor der Vernichtung stehend nicht so richtig Bock haben auf Gewaltfreiheit. Okay, Gandhi – aber das gibt es in dieser spektakulär realitätsaversen, menschenverachtenden Form doch heute nicht mehr?

Leider doch. In der »taz« erklärt eine Friedensforscherin den Ukrainer*innen, wie sie »das Regime des Besatzers dazu bringen, sich mit ihnen an einen Tisch zu setzen und einen Kompromiss zu finden.« Abgesehen davon, dass vollkommen offen bleibt, wie ein »Kompromiss« überhaupt aussehen kann, wenn eine Partei die andere vernichten möchte, sind die Mittel, die sie ernsthaft aufzählt, folgende:

  • Massendemonstrationen, um den Invasoren zu zeigen, dass sie nicht willkommen sind
  • das Austauschen von Straßenschildern und die Verwendung von Verkehrsschildern, um die einmarschierende Armee zu beleidigen oder abzulenken
  • mit Menschenketten russische Panzer stoppen
  • Boykott russischer Waren, weil so die Besatzung auch viel teurer wird
  • Finanzmittel, Schulungen, andere Ressourcen bereitstellen, um Ukrainern zu helfen, ihre Fähigkeit zu massenhaftem zivilem Ungehorsam und gewaltfreiem Widerstand auszubauen

Dann bezeichnet sie es als wichtiges Instrument, im Fall einer Besatzung die Stromrechnung nicht zu bezahlen. Wer sich die Bilder der zerbombten Städte und zivilen Einrichtungen, der Leichen in den Straßen und die Berichte von Massenvergewaltigungen angesehen hat, muss den Ansatz, mit vertauschten Straßenschildern Soldaten zu verwirren, nicht einmal mehr argumentativ widerlegen. Die aufgezählten Mittel sind eine Farce, sie entsprechen der Empfehlung, der Schwerkraft zu entkommen, indem man einfach neben den Boden fällt.

Veröffentlicht wird das alles einen Tag, nachdem Putin die Truppen, die in Butscha Menschen gefoltert und ermordet haben, mit schönen Orden als Mitschlächter des Monats ausgezeichnet hat. Und dabei en passant seine Strategie der absichtsvollen Kriegsverbrechen bestätigt hat. Das ist nicht mehr naiv, sondern boshaft kalt. Waffenlieferungen hingegen lehnt die Pazifismus-freudige Friedensforscherin ab, weil wir »die weitere Militarisierung des Konflikts nicht verstärken sollten.« Das wird die in zerbombten Kellern ausharrenden, verdurstenden Menschen in Mariupol sicher arg freuen, dass ihre Stadt nicht noch weiter militarisiert wird. Wenn sie sich etwas Mühe geben und ein paar Gandhi-Kacheln auf Instagram posten, können aus ihnen bestimmt doch noch Pazifisten werden. Vielleicht nicht so porentief reingewaschene, zu 100 Prozent enthitlerte Superpazifisten wie wir hier in Deutschland, aber immerhin.

Der Spiegel online, 20.04.2022

Tłumaczenie Ula Ptak na FB, 21.04.2022 (fragmenty): 

Jeśli usunie się wiele warstw frazesów antyamerykańskich z niemieckich lumpenpacyfistów, pozostaje tylko rdzeń. Chodzi mianowicie o mieszankę: prawo silniejszego i odwrócenie zasady sprawca-ofiara, którą Gandhi już wcześniej sklecił: "Gdyby Żydzi, zamiast być bezradnymi i z konieczności nieagresywnymi, z rozmysłem przyjęli zasadę nieagresji, to znaczy współczucia, wobec nieżydowskich Niemców, nie tylko nie byliby w stanie wyrządzić Niemcom żadnej krzywdy, ale - jestem tego tak pewien, jak tego, że dyktuję te słowa - stopiliby najtwardsze niemieckie serce". A jako antysemicki wstęp do tego: "Niech Żydzi, którzy twierdzą, że są narodem wybranym, udowodnią swoją tezę, wybierając drogę bez przemocy, aby bronić swojej ziemskiej egzystencji". To właśnie tam rozciąga się lumpenpacyfizm, wciskając ofiarom nie tylko to, że to ich własna wina, jeśli ich niestosowanie przemocy nie przynosi rezultatów. Ale także, że nie są lepsi od napastników, jeśli w obliczu zagłady nie są w nastroju do niestosowania przemocy. No dobrze, to Gandhi - ale czy na pewno nie istnieje już w tej spektakularnie oderwanej od rzeczywistości, pogardzającej człowiekim formie coś do dziś?
W "taz" badaczka pokoju wyjaśnia Ukraińcom, jak mogą "skłonić reżim okupanta, by usiadł z nimi do stołu i znalazł kompromis". Pomijając fakt, że nie wiadomo, jak w ogóle może wyglądać "kompromis", gdy jedna strona chce zniszczyć drugą, środki, które poważnie wymienia, są następujące:
- masowe demonstracje, aby pokazać najeźdźcom, że nie są mile widziani
- wymiana szyldow z nazwami ulic i używanie znaków drogowych do obrażania lub odwracania uwagi armii najeźdźców
- wykorzystanie łańcuchów ludzkich do zatrzymania rosyjskich czołgów
- bojkotowanie rosyjskich towarów, bo to także zwiększa koszty okupacji
- Zapewnienie środków finansowych, szkoleń i innych zasobów, które pomogą Ukraińcom w budowaniu zdolności do masowego obywatelskiego nieposłuszeństwa i oporu bez użycia przemocy.
Następnie uznaje za ważne, aby nie płacić rachunku za prąd w przypadku okupacji. Każdy, kto oglądał zdjęcia zbombardowanych miast i obiektów cywilnych, trupy na ulicach i doniesienia o masowych gwałtach, nie musi nawet odpierać argumentów o wprowadzaniu w błąd żołnierzy przestawionymi znakami drogowymi. Wymienione środki to farsa; są one równoznaczne z zaleceniem, aby unikając prawa grawitacji upaść obok ziemi. 
Wszystko to ukazuje się dzień po tym, jak Putin odznaczył żołnierzy, którzy torturowali i mordowali ludzi w Buczy, pięknymi medalami jako rzeźników miesiąca i w ten sposób potwierdził swoją strategię celowego popełniania zbrodni wojennych. 
(...) pacyfistycznie nastawiona badaczka pokoju odrzuca dostawy broni, ponieważ "nie powinniśmy zwiększać dalszej militaryzacji konfliktu". Mieszkańcy Mariupola, którzy czekają w zbombardowanych piwnicach i umierają z pragnienia, z pewnością bardzo się ucieszą, że ich miasto nie jest dalej militaryzowane. Jeśli włożą trochę wysiłku i opublikują kilka myśli Gandhiego na Instagramie, z pewnością mogą stać się pacyfistami. Może nie będą to tak dogłębnie wypłukani, stuprocentowo entuzjastyczni superpacyfiści jak my tutaj w Niemczech, ale jednak. 

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Nadesłane przez Monikę Wrzosek-Müller

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