Mystische Augenblicke

Unser Leben
ist nicht das, was geschah,
sondern das,
was wir erinnern
und wie wir es erinnern

Gabriel Garcia Marquez

Laudatio… Thomas Raettig …
Forum Staniszów / Stonsdorf

… wie alles begann…

Es war im Jahr 1985, als Christine Pöttker in Berlin mit ihrem Lebensgefährten häufig vor Fotogeschäften stand, und dieser sich immer ausgiebig die Auslagen mit Kameras, Objektiven und Zubehör anschaute. Das alles interessierte sie damals überhaupt nicht, sie musste große Geduld beweisen, und bemerkte irgendwann zu ihm:  „Das nächste Mal sage ich dem Geschäftsführer, er soll einen Vorhang vor das Fenster hängen, dann können wir schneller weitergehen…

Und die Reaktion ihres Lebensgefährten? Er schenkte ihr ein paar Tage später eine Kamera, eine Minolta SRT 100X.

Das war der Anfang ihrer fotografischen Entwicklung und sie lernte von ihm, was Blende, Belichtungszeit oder auch Brennweite bedeutet. Der goldene Schnitt und der Stand der Sonne wurden fotografische Begriffe für sie. So begann die Künstlerin ihre ersten Fotografieversuche. Die Ergebnisse waren, wie man sich denken kann, zunächst eher bescheiden. Aber Übung macht bekanntlich den Meister, bzw. die Meisterin, auch wenn das noch einige Jahre dauern sollte.

007 April 08-C1 Rand

Als ich Christine 1991 bei einem Fotokurs in der Nähe von Schloss Babelsberg bei Potsdam kennen lernte, stand während dieser Woche die S-W Fotografie, die Entwicklung und Vergrößerung der eigenen Fotos im Labor im Vordergrund.

Wir wurden gute Freunde und auch in den folgenden Jahren trafen wir uns hin und wieder zu Fotoexkursionen oder einfach zum Erfahrungsaustausch.

Mit den Jahren wurde das Fotografieren immer wichtiger für Christine und begleitete sie auf all ihren Reisen. Doch es fehlte ihr nach wie vor der eigenen Stil, die Unverwechselbarkeit ihrer Bilder.

020 Juli 08 C2 Rand

Anfang des neuen Jahrtausends verschlug es die Künstlerin zusammen mit ihrem Lebensgefährten nach Schlesien. Zunächst in das Glatzer Bergland, auf der Spurensuche ihrer beider Vorfahren. Immer wieder kehrten die beiden zurück in diese faszinierende Landschaft Niederschlesiens, bis sie, angeregt durch die Fernsehdokumentation „Schlesische Märchenschlösser“ im Jahr 2004 auch das Hirschberger Tal, das „Tal der Schlösser und Gärten“, entdeckten.

Viele der heute vorzüglich restaurierten Schlösser waren damals noch Ruinen. Einige wenige, darunter auch Schloss Stonsdorf, beherbergten schon Gäste und waren auf dem Weg, zu eindrucksvollen Zeugnissen vergangener Epochen zu werden. In Stonsdorf war in diesem Jahr die Stiftung Forum Stonsdorf gegründet worden und niemand konnte ahnen, dass die Fotografin fast 10 Jahre später hier ihre Bilder ausstellen würde. Fotografien, die eine Geschichte erzählen von der bezaubernden Landschaft, so wie sie vorher noch niemand gesehen hatte. Die Einzigartigkeit des fotografischen Augenblicks kommt in den Bildern von Christine mit ihrer außergewöhnlichen Sichtweise eindrucksvoll zur Geltung.
044- Okt. 08 C2-1 Rand

Aber die Bilder erzählen auch eine ganz persönliche Geschichte der Künstlerin, die 2004, hier ganz in der Nähe auf Schloss Boberstein, ihren Lebensgefährten verlor. Auf der Suche nach dem Verlorenen kam sie seit 2005 mehrmals im Jahr an diesen Ort. Immer mit ihrer Kamera in der Hand, bekam das Fotografieren für sie eine ganz neue Bedeutung.

Es wurde zu einer Möglichkeit, ihren inneren Bildern, ihrer Trauer einen Ausdruck zu geben und eine Verbindung zu dem Verlorenen herzustellen. Und diese Zeit, die sie  hier im Hirschberger Tal verbrachte, befähigte sie, eine ganz neue, eigene Ausdrucksform in der Fotografie zu finden.

So konnte sie im Lauf der Jahre neue Hoffnung schöpfen, auf ein neues, anderes Leben, das jedoch immer mit diesem Ort verbunden bleiben wird.

2008 präsentierte die Künstlerin in Berlin erstmals eine Ausstellung mit einem Teil der hier gezeigten Fotografien. Aber der Zyklus war noch nicht abgeschlossen. Und so kam sie bis 2010 zu allen Jahreszeiten an diesen  wunderbaren Ort.

049 Jan. 09 C5-1 Rand

Im Sommer morgens um 5.00 Uhr, im Winter erst um 8.00 Uhr, hat sie das frühe Sonnenlicht genutzt, um die „mystischen Augenblicke des Hirschberger Tals“ einzufangen. Einmalige Erlebnisse, überraschende Anblicke, neue Sichtweisen entdeckte sie in der traumhaften Landschaft des Riesengebirges. Ihre Wege führten immer wieder am Ufer des  Bober entlang und er schenkte ihr im Spiegel der Sonne verzauberte Momente, die sie mit ihrer damaligen analogen Spiegelreflexkamera (Canon EOS 50 E) festgehalten hat. Und immer wieder ging der Blick hinauf zur Schneekoppe, unverkennbar, unverwechselbar. Mal umhüllt von Wolken, mal strahlend klar in der eisigen Winterlandschaft.

Eine Fotoreise „im Licht der Erinnerungen“.

Mit dieser Ausstellung sind ihre Fotografien an den Ort zurückgekehrt, wo sie ihren Ursprung haben.

Aber auch andere, neue Motive weckten im Laufe der Zeit das Interesse der Fotografin.

So zeigte sie 2012 in Berlin erstmalig ihre Ausstellung „Mohnblütenzauber“. Die Vielfalt unterschiedlicher Mohnblüten, die sie jedes Jahr auf ihrem Balkon aussät, wurden von ihr in ungewöhnlichen Gegenlichtaufnahmen fotografiert und ausgestellt.

Eine neue, faszinierende Ausdrucksform ist seit  2010 für die Künstlerin auch die Aquarellmalerei geworden.

Sowohl die Fotografie als auch die Malerei geben ihr die Möglichkeit, ihre Gedanken und Gefühle auszudrücken und sind nicht mehr aus ihrem Leben wegzudenken.