Der Fisch und ich

Była wystawa / Es gab eine Ausstellung

| Galerie

Kulturhaus Spandau | Mauerstr 6 | 13597 Berlin

Der goldene Fisch & das Fahrrad
Das Stückchen der Seele

Fotografie

Ausstellung: Fr. 04.04. – So. 27.04.2014
Vernissage am Donnerstag 3. April um 19 Uhr
Öffnungszeiten: Mo. – Fr., 14 – 18 Uhr | Sa. – So., 14 – 20 Uhr

Eintritt frei

DabrowskiRichard Stanislaw Dabrowski, geboren 1950 in Stettin/ Polen, ist von Beruf Diplom Maschinenbauingenieur – jedoch von Berufung Fotograf.

Seine Lebensauffassungen und Herangehensweisen wurden durch seine bisherigen (Lebens-) Erfahrungen geprägt: ab dem elften Lebensjahr wurde er zum Nonkonformisten; in den 60. Jahren war er Hippie und seit 1977 Oppositioneller und Bürgerrechtler. Bald begann er für Underground Zeitschriften als Fotograf sowie Grafiker tätig zu sein und schrieb darüber hinaus politkritische Texte und war Mitglied des Komitee für die Verteidigung politischer Gefangener.

Es war eine Frage der Zeit, bis SB (Staatssicherheitsdienst) auf ihn IM (Informelle Mitarbeiter) angesetzt hat, um ihn auszuspionieren und zu überwachen, wenn auch nicht immer erfolgreich.

Der Kriegszustand wurde in Polen ausgerufen und das Gericht stempelte ihn scharf als Antikommunisten ab und entzog ihm die berufliche Existenz indem das Berufsverbot als Ingenieur ausgesprochen wurde. Aus dem Ingenieur wurde gezwungenermaßen ein Schlosser, wenn auch nur für 8 Monate.

Den einzig sinnvollen Ausweg stellte die Ausreise aus Polen dar. Im Dezember 1982 saß Richard Dabrowski schließlich mit Frau und zwei Kindern mit einem One-Way Pass im Zug nach West-Berlin, wo er bis heute mit seiner Frau weiterhin lebt. Dieser aufregende Werdegang mit vielseitigen als auch überraschenden Grenz-erfahrungen spiegelt sich in der Arbeit von Richard Dabrowski wieder.

Bis heute wurden seine Fotografien und Serien auf 34 Einzelausstellungen in Polen, Deutschland, England, Dänemark und Österreich präsentiert und durch zahlreiche Publikationen und Preise honoriert.
Heute, nach fast 64 Jahren, ist sein Blick durch die Linse weiterhin humorvoll kritisch, noch geschärfter, aber auch herzlich weicher.

Richards Tochter Anna
(Designerin und auch Fotografin)

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Richard Dabrowski

Der goldene Fisch & das Fahrrad –
ein Stückchen der Seele

Mit dem Fotografieren beschäftige ich mich aktiv schon 36 Jahre. Diese Portraitreihe fällt jedoch aus dem Rahmen meiner bisherigen Arbeiten. Das hat sicherlich damit zu tun, dass die Idee zu dieser (vielleicht schon meiner letzten) Einzelausstellung, durch einen plötzlichen und ungewöhnlichen Schicksalsschlag ausgelöst wurde.

Im Juni 2006 war ich nach einem Fahrradunfall – mit dem Verdacht auf eine Wirbelsäulenverletzung – mehrere Stunden gelähmt und wünschte mir in diesem Moment nichts sehnlicher als den glimpflichen Ausgang des Geschehenen. Durch den Kopf gingen mir banale, stereotypische Gedanken wie flüchtig unsere Existenz sei. Glücklicherweise stellte sich heraus, dass eine gebrochene Rippe auf die Nerven drückte und so die beängstige Lähmung verursachte.

Nachdem ich wieder zu mir gekommen war, beschloss ich alle meine Freunde und Kollegen sowie Verwandten fotografisch zu verewigen – denn der plötzliche Verlust der Gesundheit oder des Lebens kann jedem widerfahren.

Zur Umsetzung dieser Idee hatte ich mehrere Anforderungen getroffen:
– die Person und ich duzen uns;
– auf allen Fotos werde ich schwarz gekleidet sein, wie die Animatoren im japanischen Puppentheater;
– beim “ersten” Foto – von zwei – soll sich die fotografierende Person selbst ausdenken, so wie sie sich fotografieren möchte, setzt dies erst mit mir als Modell um;
– dann werden die „Rollen“ für das „zweiten“ Foto getauscht, d.h. die Person nimmt nun selbst die Position vor der Kamera ein und ich hinter der Kamera;
– zusätzlich wird allen fotografierten Personen gleiche Frage gestellt:

„Du füllst Deinen Wasserkocher mit Wasser und plötzlich plumpst ein goldener Fisch hinein. Für die Freilassung verspricht er Dir einen Wunsch zu erfüllen. Was würdest Du Dir wünschen?“

Diese zwei inszenierten Fotos zusammen mit der Antwort auf die gestellte Frage bilden diese vielschichtige Fotoserie der Portraitierten. So entstanden im Zeitraum von 2006 bis 2009, die Momentaufnahmen von subjektiv ausgewählten 138 Personen verschie-denen Alters sowie Nationalität und stellen ein soziologisches Mosaik dar.

Verblüffend war festzustellen, dass die Meisten sich und ihren Liebsten „Glück und Gesundheit“ wünschten. Niemand wollte ewigen Frieden auf der Erde, Beseitigung von Krankheiten und Hungersnot, Stopp dem Klimawandel sowie Aussterben von Arten oder, dass, im Gegensatz zu dem zweiten Hauptsatz der Thermodynamik (Prinzip der Entropie), das Universum und Sonnensystem ewig existieren. Niemand wollte unendlich leben und nur fünf Personen einen Wunsch hatten, der die ganze Menschheit betrifft.

An dieser Stelle möchte ich allen „Autoren“ der Ausstellung großen Dank aussprechen. Sie haben einen intimen Teil ihrer Persönlichkeit und Ihre Seele dafür preisgegeben. Zum Glück waren sie keine Mitglieder von Naturvölkern, denn diese lassen sich nicht fotografieren. Sie sind überzeugt, dass sie um ein Teil ihrer Seele beraubt werden. Wenn ich nun hundert Jahre alte Fotos meiner Vorfahren betrachte, glaube ich auch daran.

Leider war es mir nicht gegeben fünfzehn Freunde und Verwandte zu fotografieren, die verstorben sind, bevor ich diese Idee hatte. Inzwischen sind von den Fotografierten vier meiner guten Freunde von uns gegangen.

Zu guter letzt:

Mein Wunsch wurde erfüllt – ich habe eine gesunde Wirbelsäule.

Wenn ich mir noch was wünschen dürfte, würde ich zu gerne meinen Vorfahren begegnen. Am liebsten bis zur Amöbe oder den Affen. Oder, wenn das nicht möglich ist, wenigstens bis zu sieben Generationen, wie das bei Menschen, die Schamanismus praktizieren, üblich ist.

Noch ein paar Sätze zum Selbstportrait, das ich mir ausgedacht habe. Seit 1991, besuche ich jedes Jahr das fünftausend zwei hundert Jahre alte Megalithengrab „Vasagaard“ auf Bornholm. In einem abgedecktenden Stein befindet sich eine Vertiefung für das rituelle Blut, in das ich aus Tradition opfernd Rotwein gieße und zusätzlich einige Schlücke trinke. Nach diesem slawischen Gebrauch versuche ich die Gunst der Götter, die diese heilige Stelle besiedeln, für ein nächstes Jahr zu erbetten. In dem Selbstporträt legte ich bewusst meine Kleidung ab und fotografierte mich nackt, so wie ich geboren wurde. Ebenso wünsche ich mir nackt zu sterben und verbrannt zu werden.

Das ist jedoch bereits mein dritter Wunsch. Der reale goldene Fisch erfüllt angeblich drei Wünsche auf einmal.

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Ich bin eine von dieser 138 Personen, die von Richard fotografiert wurden. Ich wollte im weißen Kleid fotografiert werden. Mein Wunsch betraf Sterben. Mein Sterben. Aber mehr weiss ich nicht. Kommet und sehet.

Eure Ewa Maria

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