A Holy Vision

Sorry, Peter, I think, it is a story from the category, what the men think the women want… But interesting 🙂

(c) Peter Wortsman

The nun sat with a tin cup in Penn Station. She sat there silently, clutching the cup in her lap, and stared down at the ground. She never once looked into the faces that belonged to the anonymous hands that dropped coins into her cup. For years I saw her seated at that same spot.
Shoe styles changed from heavy Irish brogues to the flimsier narrow-toed Italian imports. Pennies turned to nickels to dimes, and then—she did not know how old she was, how many years she had been sitting there in that station—then it was the clink of quarters by which she measured time, not clock time—God’s time, she called it. Each clink of a coin marked a celestial second; sixty clinks made a minute; sixty times sixty an hour of eternity. And when she felt the cup grow heavy, she knew it was time to go.
She folded the stool, clasped it under her arm, slipped the cup and its precious contents into a hidden pouch, and joined the crowd of shuffling shoes.
Not that she’d never had the urge to look up.

It was the frenzied click of running high heels on one particular evening that forced her eyes upward. The click of heels and a woman’s shriek: “No, Johnny, don’t!”
The nun pressed her frail body up against a column. It was late. Later than usual. The commuters had already disbursed for the day. She was alone in the station with high heels and Johnny. And from behind the column she watched as a tall lanky man dressed in white chased after a woman in red.
“Stop, Johnny, stop!” the young woman pleaded.
The nun shivered.
She watched as the man caught up with the woman, grabbed her by the back of her dress. Sister Maria shut her eyes and bit her lips as she heard the rip of cloth and the slap of an open palm across a face, and a howl that tore through the surrounding silence.
The man’s footsteps retreated and the nun took all the courage she possessed and stepped out from the shadow of her hiding place. There on the filthy floor of the station lay the woman, shaking and sobbing, her dress split open, her shoes scattered about.
Sister Maria was overcome.
How long had it been since she’d touched or been touched by anyone but God?
She knelt down, lowered her head and kissed the woman’s back. “Oh Holy Mother of God!” she prayed aloud.
The woman stopped weeping. She turned and smiled: “I have been waiting for you, Sister—remove your habit!”
And without hesitation, the nun did as she was told, stripped herself naked and let the sacred garment fall to her feet.
“Now put on this torn red dress!” the woman whispered, kissing the nun on her pale white breast.
“Yes, Mother,” said Sister Maria, her eyes downcast, as she heard the woman slip into her habit.
“You will walk out into the street,” said the Mother of God, “and you will smile at the first man you see. And he will take you to a hotel and kiss your back and bosom. And the tin cup will no longer be large enough to hold the holy offerings.”
–“But what of my shaven head, Mother? Will the man not laugh?”
–“Yes, my daughter, he will laugh and he will call you mad. And he will take care of his lust and leave you lying naked on a strange mattress in a strange room.”
–“But am I not too old for a man’s touch, Mother?”
The Mother of God laughed. Her bosom shook under the black cloth of her habit.
“Jesus!” she cried, and the man in white came running. “Take her, Jesus, my son,” said the Mother of God, “and teach my daughter what it is to be alive before her time comes to die.”
And Jesus led Sister Maria, now dressed in the torn red dress, to a public toilet.
“Lie down!” he commanded.
She felt his hands tear away the remains of the dress. She felt him roughly part her legs. And then she felt a fiery pain and something pierced her there between the legs, something like a giant thorn.
“Jesus! Jesus!” she wailed, as the blood of her womanhood ran down her legs.

The nun heard the clink of a coin in her cup. She heard the click of high heels receding among the shuffling shoes and, as I watched, she shivered for she knew she had had a holy vision.

Das MĂ€rchen von der gesegneten Mahlzeit

Heute ist Rosh Hashana. Es beginnt das Jahr 5779. Überall, wo es gefeirt wird, wird heute nacht gut gegessen. 

L’Shanah Tovah!

(c) Peter Wortsman

Folgendes erzĂ€hlte man sich im dem KZ Hoffnungslos: Eines Tages war der SS-UnterscharfĂŒhrer Haselbeck, ein Mann der sich nur selten ĂŒber seine Umwelt wunderte, sehr verwundert, als er bemerkte, dass die HĂ€ftlinge in seinem Block sich immer die Finger leckten nach jedem Eintauchen in ihren kĂ€rglichen Eintopf.
„Juden, Affen und Freimaurer haben doch keinen Geschmack“, sagte er halblaut zu sich. Da flĂŒsterte ihm eine Stimme ins Ohr: “Gesegnete Mahlzeit!” In seiner Kindheit, bevor er in die Partei eintrat, war er glĂ€ubig erzogen worden. Jeden Abend hatte die Mutter zu ihm gesagt: “Der liebe Gott denkt an Dich, auch wenn du nicht an Ihn denkst.” Haselbeck schĂŒttelte seinen SchĂ€del, um seine Gedanken wieder zu ordnen.
Als das Fingerlecken sich aber immer wieder wiederholte, wurde der UnterscharfĂŒhrer neugierig. Er fragte den StubenĂ€ltesten: “Warum schleckt ihr Saujuden euch die dreckigen Finger?”
“Weil uns das Essen so gut schmeckt, Herr UnterscharfĂŒhrer”, bekam er als Antwort.
Da wurde Haselbeck erst recht neugierig. Den HĂ€ftlingen gab man nĂ€mlich nichts als schĂ€bige Fleischreste und Knochen, die man einem Haushund nicht ĂŒberlassen wĂŒrde, verfaulten Kohl und Kartoffeln zum Essen. In der Schule hatte Haselbeck gelernt, dass die Juden schlau seien und gar manche schwarze Magie kannten. Der Jude könne aus Mist Gold machen, hatte der Lehrer gesagt.
So versteckte sich Haselbeck hinter einem riesigen Kessel, wenn die MĂ€nner morgens den wöchentlichen Vorrat geliefert bekamen, von dem er dann selbst seinen Teil abzweigte, um ihn danach an die Schweinehunde zurĂŒck zu verkaufen, denn der Jude hat immer einen Vorrat an Geld und Wertsachen, die er in den Arschbacken oder sonst wo versteckt hĂ€lt. Die Nahrungsmittel wurden von einem kleinen Mann mit zarter Miene und langer Nase entgegengenommen, der das Gelieferte wie ein Hund beschnĂŒffelte und sich höflich dafĂŒr bedankte. Und als die Anderen wieder weg waren und der kleine Mann nach dem riesigen Kessel griff, schlich der UnterscharfĂŒhrer hinter einen noch grĂ¶ĂŸeren Kessel. Erstaunt sah er zu, wie der kleine kuriose Kerl alles sorgfĂ€ltig sortierte, mit der stumpfen Klinge seines abgebrochenen Taschenmessers das Verfaulte von Fleisch und GemĂŒse entfernte und den Rest in gleichmĂ€ĂŸigen HĂ€ufchen auf einem zerbrochenen Holzbrett aufreihte. Aus beiden Hosentaschen holte er eine Handvoll Unkraut heraus und legte das Zeug daneben auf das Brett.
Und als der kleine Mann dann nach dem Kessel griff und der UnterscharfĂŒhrer sich nirgendwo mehr verstecken konnte, da sprang er hervor und sagte: “So, jetzt habe ich dich erwischt, du mieser Teufel. Was fĂŒr Schwarze Magie treibst du mit deinem Unkraut? Wen willst du damit vergiften?”
Etwas erschrocken aber immerhin gefasst, lĂ€chelte der kleine Mann zum UnterscharfĂŒhrer gutmĂŒtig zurĂŒck. “Das ist keine Schwarze Magie, Herr UnterscharfĂŒhrer. Ich war frĂŒher Koch im Hotel Adlon!”
“Und was fĂŒr Unkraut mischst du da in die BrĂŒhe hinein?”
“Auf den Feldern um das Lager herum wachsen wilde KrĂ€uter. Ich bitte die HĂ€ftlinge in den Arbeitsgruppen, die außerhalb des Lagers arbeiten, sie fĂŒr mich einzusammeln.”
Nun sah der UnterscharfĂŒhrer, der niemals in seinem Leben einen Fuß, geschweige denn seine Nase, in eine feine GaststĂ€tte gesetzt hatte, wie der kleine Mann Fleisch und GemĂŒse feingeschnitten in den Kessel gab, in Margarine andĂŒnstete, Wasser eingoss, die trockenen KrĂ€uter zwischen seinen HĂ€nde zerrieb, so dass die zerbröselten BlĂ€tter hinein fielen und ihm nur die Rispen ĂŒbrigblieben und dann das Ganze zum Kochen brachte. Und immer wieder steckte er seinen Löffel hinein, um zu kosten, bis er endlich zufrieden war.
“Wollen Sie mal einen Löffel kosten, Herr UnterscharfĂŒhrer?” fragte er den Haselbeck.
VerĂ€ngstigt hielt sich der SS-Mann zuerst zurĂŒck. Der Gauner will mich sicherlich vergiften, dachte er sich. Als er aber den kleinen Mann selbst seinen Löffel mit Genuss ablecken sah, nahm er auch seinen Dienstlöffel aus der Tasche, steckte ihn erst an der OberflĂ€che in den Kessel herein, holte sich eine kleine Kostprobe und traute erst nicht recht seiner Zunge. Das Zeug schmeckte ihm so gut, er tauchte noch ein Mal tief hinein und holte sich einen vollen Löffel heraus.
“Das ist recht lecker!” sagte er dem kleinen Mann. “Viel besser als das, was wir in der Kantine zu fressen bekommen!”
“Freut mich sehr”, lĂ€chelte der Koch.
Solch ein Geheimnis wollte der UnterscharfĂŒhrer zuerst fĂŒr sich halten und daraus spĂ€ter seinen Nutzen ziehen, so dachte er sich. Jede Woche zur Anlieferungszeit war Haselbeck nun dabei, wenn der Koch seinen Vorrat bekam, kam dann wieder zurĂŒck, wenn alles fertig war, und lieÎČ es sich gut schmecken.

Eines Tages hörte Haselbeck, dass die Frau des Kommandanten eine Weihnachtsfeier halten wolle wie zu den guten alten Zeiten, dass aber ihre junge Köchin schwanger sei, jeden Tag ein Kind erwarte und daher nicht in der Lage sei, ein richtiges Festessen vorzubereiten. Da trat der UnterscharfĂŒhrer Haselbeck vor und sagte: “GnĂ€dige Frau Kommandant, ich kenne einen Koch, der Zaubereien in der KĂŒche hervorbringen kann.”
“Lassen Sie ihn mal zu mir kommen!” erwiderte die Frau erfreut.
Der UnterscharfĂŒhrer Haselbeck wagte es natĂŒrlich nicht, der Frau Kommandantin zu gestehen, dass es ein HĂ€ftling war – und noch dazu ein Jude!
Und als er das nĂ€chste Mal den Koch zur Anlieferungszeit in der HĂ€ftlingskĂŒche besuchte, brachte er ihm einen Anzug mit, den er aus dem Entkleidungsspeicher der Neuankömmlinge genommen hatte.
“So, jetzt wĂ€schst du dich, dass du nicht stinkst und ziehst dich anstĂ€ndig an! Du hast eine wichtige Verabredung.”
“Ich muss aber erst das Essen fĂŒr die HĂ€ftlinge kochen, Herr UnterscharfĂŒhrer! Pflicht ist Pflicht!” protestierte der kleine Mann.
“Die Schweinehunde können mal auf ihren Fraß warten!” schrie Haselbeck.
“Zu Befehl, Herr UnterscharfĂŒhrer!” erwiderte der HĂ€ftling.
Also achtete der SS-Mann darauf, dass es keiner bemerkte und nahm den verkleideten HĂ€ftling mit zum Besuch bei der Frau des Kommandanten.
“Sprich nur, wenn man dich anredet. Du darfst aber niemals verraten, dass du ein HĂ€ftling bist, und schon gar nicht ein Jude. Sonst gibt es Krach!”
Nun stellte der UnterscharfĂŒhrer Haselbeck der Frau Kommandantin den kleinen Mann vor. Sie servierte ihm Tee und Kuchen. Und nachdem sie ein wenig das Wetter erörtert und gefragt hatte, ob es morgen regnen wĂŒrde, fragte sie ihn höflich, was sein Lieblingsgericht sei.
Worauf er erwiderte: “ErwĂŒrgte Gans von Himmel und Erde.”
“Komischer Name fĂŒr ein Gericht”, meinte sie.
“Das war die meistbestellte Hauptspeise zur Weihnachtszeit im großen Restaurant des Hotel Adlon. Damals war ich nur ein Lehrling in der KĂŒche. Die Kochkunst habe ich von dem Chef de Cuisine, Monsieur Delivrance, gelernt, einem Franzosen.”
“Ach, das Hotel Adlon!” seufzte die Frau. “Ein Mal in meiner Kindheit hat mich mein lieber Opa dort zu Kaffee und Kuchen mitgenommen. Er zog zufrieden an seiner Pfeife, strich sich den Schnurrbart und lachte, wie ich die letzten Tropfen meiner heißen Schokolade aus dem Becher ausschleckte. Es war und blieb mir ein Wunschtraum, von Rauch umweht. – ErwĂŒrgte Gans? Warum denn nicht?” erwiderte sie, völlig ergriffen von der Erinnerung. “Es muss aber besonders gut schmecken! Mein Mann arbeitet so schwer. Ich will ihm damit das Leben ein wenig verschönern.”
“Es wĂ€re fĂŒr mich eine besondere Freude, GnĂ€dige Frau, Ihren Wunsch zu erfĂŒllen.”
Nun lieÎČ der SS-Mann den HĂ€ftling eine Liste machen und bestellte alles, was er verlangte. Und an dem Tag vor dem Heiligen Abend beschaffte der UnterscharfĂŒhrer Haselbeck dem HĂ€ftling einen weißen Kittel mit einer weißen KochmĂŒtze. Und der Koch kochte ein so sagenhaftes Weihnachtsessen, dass der Kommandant mehrmals vor Freude und Genuss die Augenbrauen hob und sich sogar die Lippen leckte.

Am folgenden Tag wurde der Koch zum Kommandanten bestellt. Der UnterscharfĂŒhrer war etwas besorgt. Es ist nĂ€mlich eine Sache, eine Komödie vor der Frau des Kommandanten zu spielen, es beĂ€ngstigte ihn aber doch, eine Maskerade vor dem Kommandanten zu wagen. Nun hatte er aber keine Wahl mehr. Einmal vorgelogen, könnte die Wahrheit ihn jetzt die Haft oder gar noch Schlimmeres einbringen.
“Wegtreten!” Befahl der Kommandant dem UnterscharfĂŒhrer, worauf er dem verkleideten HĂ€ftling die Hand reichte und ihn höflich fragte: “Mit wem habe ich die Ehre?”
UnterscharfĂŒhrer Haselbeck zitterte, als er durch das SchlĂŒsselloch guckte und folgendes GesprĂ€ch mitbekam:
“Der Name ist Riesig.”
Der SS-Mann musste, trotz aller Aufregung, dabei lĂ€cheln. Komischer Name fĂŒr einen kleinen Judenkerl.
“Sie sind ein Zauberer der KĂŒchenkunst, Herr Riesig”, sagte der Kommandant. “Nun hĂ€tte ich eine groÎČe Bitte. Bald habe ich einen ganz besonders wichtigen Besuch. Obwohl es geheim ist, sage ich es Ihnen: Es geht um den ReichsfĂŒhrer Himmler. Ich möchte, dass Sie etwas Feines fĂŒr ihn vorbereiten, nur ist er Vegetarier!”
“Kein Problem, Herr Kommandant”, erwiderte der Koch. “Ich bereite ihm meine ErwĂŒrgte Gans von Himmel und Erde ohne die Gans. Nur brauche ich dazu besondere KrĂ€uter.”

Der Kommandant lieÎČ den verĂ€ngstigten UnterscharfĂŒhrer wieder hereintreten und befahl ihm: “Sammeln Sie sofort ein Ackerbau-Kommando und lassen Sie sie alles anpflanzen, was der Herr Riesig verlangt!”
Haselbeck tat wie befohlen. Ein Feld wurde mit allerlei KrĂ€utern und GemĂŒse bepflanzt. Darauf sagte ihm der kleine Mann: “Ich brauche aber auch einen Hof mit GĂ€nsen.”
“Wieso GĂ€nse? Der ReichsfĂŒhrer ist doch Vegetarier!” protestierte der UnterscharfĂŒhrer.
“Die GĂ€nse sind nur dazu da, um mit ihrem DĂŒnger die KrĂ€uter, Kartoffeln und Äpfel zu stĂ€rken.”
“Schade wĂ€re es um das verschwendete Fleisch!” winkte ihm der UnterscharfĂŒhrer zu.
Darauf lieÎČ der Haselbeck einen Hof neben dem Haus des Kommandanten aufbauen und mit fetten GĂ€nsen aus Ungarn bestĂŒcken.
Das GĂ€nsegeschnatter störte aber den Kommandanten bei der Arbeit. “Das GeflĂŒgel muss schleunigst verschwinden!” befahl er dem verunsicherten UnterscharfĂŒhrer.
“Gestatten Sie, mein Kommandant, der Koch braucht sie, um sein Gericht fĂŒr Ihren großen Gast vorzubereiten”, erwiderte der UnterscharfĂŒhrer.
“Bauen Sie den Hof sofort ab und legen Sie ihn im Lager an. Der LĂ€rm ist mir unertrĂ€glich und stört meine Konzentration!”
“Sofort, Herr Kommandant”, erwiderte der UnterscharfĂŒhrer und besorgte noch ein Arbeitskommando, um den GĂ€nsehof am Haus des Kommandanten abzubauen und im Lager wieder aufzubauen.
Der Eintopf der HĂ€ftlinge wurde tĂ€glich leckerer. GerĂŒche und GerĂŒchte gingen durch das ganze Lager.
Nun kam der Tag des wichtigen Besuches. Der kleine HĂ€ftling wurde wieder als Chef de Cuisine verkleidet und in eine vom Kommandanten eigens ausgestattete KĂŒche gebracht, um das Gericht vorzubereiten.
Folgendes erzĂ€hlte man sich: Die Vorspeisen schmeckten den ReichsfĂŒhrer Himmler ganz gut. Als er aber das Hauptgericht kostete, fiel er fast in Ohnmacht, so gut schmeckte es ihm, er lieÎČ sich sogar eine zweite Portion servieren.
“Den Koch möchte ich kennenlernen!” befahl er.
“Sofort!” erwiderte der mit Freude erfĂŒllte Kommandant, und lieÎČ den kleinen Mann aus der KĂŒche holen.
“Ich gratuliere!” sagte der ReichsfĂŒhrer, die Brille noch vom Dampf der BrĂŒhe beschlagen. “Das war ein sagenhaftes Essen. Wie heißt denn das Gericht?”
“ErwĂŒrgte Gans von Himmel und Erde, mein FĂŒhrer”, erklĂ€rte der HĂ€ftling.
Auf diese Worte erstickte der hohe Herr fast. “Jeder weiÎČ, dass ich Vegetarier bin, so wie der FĂŒhrer selbst.”
“Der DĂŒnger und das Schnattern der GĂ€nse dienen nur dazu, die Kartoffeln, Äpfel und KrĂ€uter ein wenig zu krĂ€ftigen, Herr ReichsfĂŒhrer.”
“Sie kommen mir irgendwie bekannt vor. Wo haben Sie Ihre Kochkunst gelernt?”
“Vor dem Krieg im Hotel Adlon, mein FĂŒhrer”, erwiderte der HĂ€ftling.
Beeindruckt bat der ReichsfĂŒhrer um das Rezept und einen ‘Proviantbeutel’ fĂŒr die RĂŒckreise nach Berlin – das, was die Amerikaner ein ‘Doggybag’ nennen.
“Gern, mein FĂŒhrer!”
Und was war in dem Doggybag?
GĂ€nsemist natĂŒrlich!
So wurde es unter den HĂ€ftlingen in dem Konzentrationslager Hoffnungslos, wo es eine Zeit lang GĂ€nseeintopf zu essen gab, erzĂ€hlt. Ob es wirklich wahr ist, kann kein Schwein sagen und schon gar keine erwĂŒrgte Gans.

Und was ist aus dem Koch geworden? Hat er die Haft ĂŒberlebt?
Nach dem Krieg soll er eine kleine GaststĂ€tte in Berlin geleitet haben. Und einst erschien dort der Kommandant, der inzwischen Leiter eines groÎČen Getreidehandels geworden war.
Wurde er nicht verhaftet und verurteilt?
Das KZ Hoffnungslos ist nirgends in den Akten erwÀhnt.
Als der Koch von der KĂŒche aus ihn mit seiner Gattin die GaststĂ€tte betreten sah, war er erst etwas verĂ€ngstigt.
Als er aber hinschaute und den Gesichtsausdruck der GĂ€ste sah, wie sie „ErwĂŒrgte Gans von Himmel und Erde“ auf der Speisekarte lasen, lĂ€chelte er ruhig.
Die Gans wurde bestellt, gebraten und serviert. Der GetreidehÀndler stocherte nur auf seinem Teller herum. Seine Gattin dagegen, die in der Zwischenzeit recht wohlbeleibt geworden war, leckte sich heimlich die Finger ab und war gerade dabei, einen kleinen Knochen abzuknabbern.
Da trat der Koch aus der KĂŒche heraus und stellte sich seinen GĂ€sten vor. “Wir kennen uns von frĂŒher.”
“Unmöglich!” murmelte fassungslos der GetreidehĂ€ndler.
“Doch! Doch!” erwiderte der Koch und wandte sich an die Gattin. “Ich begrĂŒĂŸe Sie, GnĂ€dige Frau!”
“Herr Riesig aus dem Hotel Adlon!” lĂ€chelte sie etwas nervös.
“Klein, aus dem KZ Hoffnungslos!” korrigierte der Koch.
Worauf die Frau wie eine Gans mit dem Kopf zuckte und schnatterte und an dem verschluckten Knochen im Hals erstickte.

Im MĂ€rchen soll es aber doch ein gutes Ende geben.
Was soll dabei nicht gut sein?
Der Große GetreidehĂ€ndler ist pleite gegangen. Der Klein kaufte das GeschĂ€ft.

Und die Menschheit, was soll sie aus all dem entnehmen?
Gar nichts.
Bei den GÀnsen aber kann man bis heute immer noch ein zufriedenes Schnattern hören.

***

PS. Ein solches Gericht, “Himmel und Erde”, gibt es tatsĂ€chlich. Es ist schon seit dem 18. Jahrhundert bekannt. Seinen Namen hat es daher, dass seine Grundbestandteile Äpfel und Kartoffeln sind: Erstere wachsen bekanntermaßen in den Himmel, Letztere in die Erde hinein (und heißen daher und wegen ihrer rundlichen Form auch “ErdĂ€pfel”). Dazu kommt noch Zwiebel, Speck oder gebratene Blut- oder Leberwurst. Ob es  ein Rezept mit Gans geben soll, dazu noch “erwĂŒrgte” habe ich nicht gefunden…