Esther Schulz-Goldstein
Was geschieht in Polen?
Für Bogna Czałczyńska
Tekst po polsku: Co sie zdarzylo w Polsce
Um diese Frage beantworten zu können, betont die Autorin: das Geschichte der Menschen auch die Geschichte großer Traumen ist. Traumatische Erfahrung der Individuen, als auch Gruppen, Kohorten und Bevölkerungen begründen einschlägigen Folgen für die psychische Struktur sowohl im Einzelnen als auch in der gesellschaftlich mentalen Verfasstheit einer Nation (1).
Traumatische Erfahrung, als Drohung des “Nicht-Seins”, die uns abgrundhaft beschämt, mobilisiert die Schamabwehr im Betroffenen. Sie spaltet, verleugnet oder verdrängt unsere Schamgefühle.
Schamabwehr steht im Dienste des Lebenswunsches und erschafft die Schamfreiheitsformel, die die Spannung reduziert, zwischen dem wie man Sein möchte und wie man Sein kann.
Es ist nicht schwer, die bisherigen Auswahlkriterien, für die Bildungen eines nationalen Gedächtnisses zu bestimmen.
Bisher ging es in ihm regelmäßig um solche Bezugspunkte in der Geschichte, die, das eigene Gewordensein ausschmücken um ein positive Selbstbild zu etablieren. Was nicht in dieses heroische Bild passt, die Panik, die Verwundungen, die vielen Toten, fällt der Schamabwehr zum Opfer und verwandelt sich in einer gesellschaftlichen Regression in einen heldenhaften Gang durchs Feuer, das keinen verbrannt haben sollte.
Deshalb finden tragische Niederlage im nationalen Gedächtnis, das die Verantwortungskultur via Regression verlassen musste, ihren Platz. In ihr wird die nationale Identität innerhalb eines “Opfer- Bewusstsein wachgehalten, um “Widerstand zu legitimieren und heroische Gegenwehr zu mobilisieren” (2).
Das kollektive polnische Gedächtnis ist ebenso empfangsbereit für historische Momente der Erhöhung vor “Wien” wie der Erniedrigung in der “Teilung”, weil beides in ein heroisches Geschichtsbild eingearbeitet werden konnte.
Für Polen wurde die Opferrolle erstrebenswert, weil sie vom Pathos unschuldigen Leidens während der mehr als 120 Jahre dauernden Teilungen verklärt wird.
Was die Deutschen den Polen an Gewalt antaten, als sie mit ihrer Schamfreiheitsformel in Gleiwitz “zurück zuschießen” begannen, verstärkt diese Haltung.
Kein Einlass fand in ihr nationales Gedächtnis, die Momente der Schuld und Scham im Verhalten des polnischen Adels, die zu den Teilungen führten. Auch keine Entschuldigung bei den Bauern, deren Sklavenstatus in der Leibeigenschaft erst von den Teilungsmächten aufgehoben wurde.
Ende der Träume – Stettin ’45, Bild von Kobas Laksa im Museum Umbrüche in Stettin
Kein Einlass fand in ihr nationales Gedächtnis, die Momente der Schuld und Scham im Verhalten des polnischen Adels, die zu den Teilungen führten. Auch keine Entschuldigung bei den Bauern, deren Sklavenstatus in der Leibeigenschaft erst von den Teilungsmächten aufgehoben wurde.
Jedoch Einlass fand im neuen Stettiner Museum, das von der Schamabwehr gemalte Bild Polens, dass die polnische Heimatarmee nach dem II. Weltkrieg, sich in einem heldenhaften Guerillakrieg gegen die Sowjets gestählt habe, als ob es kein Lubliner Komitee gegeben hat, das sie bekämpfte.
Eine gegenwärtige Homogenisierungstendenz im polnischen Volkskörper zeigt sich in der Gedenkstätte Auschwitz, wo keine zwei Millionen jüdisch geprägte Polen mehr registriert sind, sondern nur noch Juden ohne nationale Wurzeln.
Dieser Ausstoß ehemaliger Polen aus dem katholischen Volkskörper signalisiert, dass die PIS die Demokratie bereits verlassen hat, und die Werte des polnischen Bürgertums keine Geltung mehr besitzen. Zur Aufrechterhaltung eines positiven Selbstbildes, wurden alte Feindbilder neu belebt, wie das Deutschen-, Weißrussen- oder Litauer-bashing belegt.
Das Unglück von Smolensk mit dem Tod des Staatspräsidenten Lech Kaczyński, samt der politische Elite Polens, verstärkte -nach den Vorgaben seines in Warschau überlebenden Zwillings Jaroslaw- das kollektive Selbstbild einer Opfernation.
Das Auserwähltheitsphantasma Polens als “Augapfel Gottes” (3), erschuf nach dem Flugzeugabsturz den Mythos von Smolensk.
Der überlebende Zwilling Jaroslaw beantwortete diese Katastrophe mit einer paranoiden Grundhaltung.
In ihr bezeichnete er alle, die sich weigerten den Bruder als neuen “Augapfel” zu feiern, als Totengräber eines “solidarischen Polens”, dass er aus dem Boden stampfen möchte.
Er konnte Lech nicht trauernd in sein Selbstbild integrieren und deshalb nutzte er ihn auf dem Weg zur Macht. Dies führte zu seiner und der Schwägerin Beerdigung in der königlichen Basilika am Wawelhügel als Vorstufe künftiger Heilig- Sprechung. Auf diese Weise wird der Mythos von Smolensk mit dem Märtyrerpathos von Katyn angereichert.
Was die Vermischung von Religion und Politik anrichtet lehrte uns Amerika. Franklin Graham, der Sohn des spirituellen Beraters Präsident Bushs jr. verkündete: “Die Operation Iraqi Freedom ist ein Glückstreffer für Jesus. Wir gehen dorthin, um den Irakern in Liebe unsere Hand zu reichen um sie zu erretten” (4).
Diese amerikanische Regierung behauptete dass der Irak die saudi- arabischen Terroristen von 9/11 unterstützt und Giftgas lagere, worauf die Amerikaner die Welt von Saddam Hussein zu erlösen verkündeten und der Irak am demokratischen Wesen Amerikas genesen sollte.
Diese Schamfreiheitsformel legalisierte den III. Golfkrieg und spaltete mit seinen geheimen okzidentalen Folterzentren, Europa in ein Altes und Neues.
Die Angst vor der Rache der Gefolterten und der Araber verstärkte die Regression in den Populismus in ganz Europa und wurde in Polen von der PiS instrumentalisiert.
Er ließ den Begriff des Helden ins Kraut schießen.
Als Galilei vor der Inquisition seine Lehre von der Bewegung der Erde wiederrufen musste ließ Brecht ihn sagen: “Unglücklich das Land, das Helden nötig hat”.
Heute, an der Macht, als Führer der Regierung stellenden Partei, reißt der überlebende Zwilling Jaroslaw Kaczyński in einem gesellschaftlich verunglückten Trauerprozess, ganz Polen in ein religiös gegürtetes paranoides Heldentum hinein.
Doch Heldentum kann sich nur ganz klassisch gegenüber einem Feind bewähren, den man sich – so fürchtet man unbewusst- in einem Folterzentren auf polnischen Boden, geschaffen hat (5).
Er jedoch füllt nunmehr ein paranoides Phantasma, von dem Homogenitätsanspruch mit hervorgebracht, der die auf Deutsch verfassten Protokolle der Sitzungen des Stadtrats von Krakau oder das Privileg von Kalisch vergessen machen soll (6).
Er negiert zusätzlich die einstige polnische-litauische Union, angeführt von einer gemeinsamen Monarchie mit Polen, Ruthenen (den späteren Bürgern der Ukraine und Weißrussland) sowie Litauern (7).
In der polnischen Teilung entwickelte sich der Mythos des katholischen Polen, weil kath. Adel und Kirche eine differenzierte identitäre Überlebensstrategie entwickelten, durch die im Untergrund übermittelte national betonte Bildung.
Dieser Mythos dient heute der Selbstidentifikation der PIS-Anhänger und der Abgrenzung des wahren Volkes gegenüber den Schutzsuchenden aus dem Orient.
Stehend betend, mit dem Rücken zur weißrussischen, deutschen, tschechischen und litauischen Grenze, an deren Rändern – ganz paranoid – Horden von Muslime ins Land einzufallen schienen, versicherten sich Polen 2017 im herbstlichen Monat der “Königin des Rosenkranzes” Macht, ausgerechnet gegen die Orientalen.
Polen wurde geteilt, von drei Mächten: dem orthodoxen Russland, dem protestantischen Preußen und den katholischen Habsburgern. Nach dem polnischen Novemberaufstand von 1830/1831 gegen die Herrschaft des Zaren nahm hingegen das Osmanische Reich zahlreiche Anhänger des ehemaligen Regierungschefs der polnischen Revolutionsregierung Fürst Adam Jerzy Czartoryski auf.
Neben Paris wurde Polonezköy (Adamopol) bei Istanbul zum zweiten Exilzentrum des polnischen Widerstands, als der Dissident Michał Czajkowski den Ort als Vertretung der polnischen Exilregierung etablierte. Noch heute leben dort Nachfahren dieser Flüchtlinge und ihr bedeutendster war der große Dichter Nazim Hikmet
Heute jedoch fürchtet Polen, dass Muslime das Land zerstören könnten?
Zum Trost aller Europafreunde, erschienen von den anvisierten 7 Millionen, die sich an der Grenze treffen sollten, nur einhundertfünfzigtausend BeterInnen, die dies mit einem Ausflug an die Ostsee, den Bug und der Tatra verknüpften.
Die polnische Schamfreiheitsformel lautet, dass sie schon über eine Million ukrainischer Flüchtlinge aufgenommen haben, und deshalb keinen Platz mehr am Tisch der Nation für einen Moslem hätten.
Es gibt aber keine ukrainischen Flüchtlinge in Polen, sondern Billigstarbeiter aus der Ukraine die, die jetzige Regierung zu Flüchtlingen ummodelliert (8).
Abgewehrte Momente der Angst befördern die ideologische Macht der PiS, die solche Schamfreiheitsformeln hervorbringt.
Dazu braucht man Muslime, die mit russisch-iranisch atomkraftgetriebenen Schnellfeuergewehren, Polen vernichten wollen (9).
Zur Selbstprofilierung braucht Polen Sündenböcke. Es sind die Russen, die in Smolensk, an den Flügeln der abgestürzten Turbolew Sprengstoffrückstände (10) hinterlassen haben sollen. Diese möchte man in der Schändung der Totenruhe auch an den inzwischen wieder Ausgegrabenen nachweisen.
Die muslimisch jünglingshaften Schutzsuchenden an der Grenze in Terespol und Brest, werden in Projektionsgefäße für polnisch vergewaltigende Männerphantasien verwandelt und in Mitesser an den Trögen des Sozialstaates.
Die aufkeimende Angst in einer, durch die digitale Revolution unsicher, gewordenen Welt, weil sie sich wie ein Dorf anfühlt, wehrt Polen heute mit seinem Wunsch nach Homogenität ab.
Er lässt Hass im ehemaligen Vielvölkerstaat Polens auf inhomogene Menschen entstehen. Er verhindert Verantwortungsübernahme für die Schutzsuchenden, als auch die Einfühlung in ihre Not. Es wird verleugnet, dass, die eigenen Soldaten in der Nato sie mit herbei gebombt haben.
Aufgefangen wird der Hass von der Agenda der PiS oder Radio Maria in der Ausformulierung fremdenfeindlicher Statements. Die darin enthaltenen paranoiden Phantasmen zerstören die Wertvorstellungen der katholischen Soziallehre.
Sie führen auch zur Ablehnung der universellen Wertegemeinschaft europäischer Verantwortungskultur im europäischen Recht.
Die PiS versteht nicht die Symbolik der europäischen Flagge: „Gegen den blauen Himmel der westlichen Welt stellen ihre Sterne die Völker Europas in einem Kreis, dem Zeichen der Einheit, dar. Die Zahl der Sterne ist unveränderlich auf zwölf festgesetzt, diese Zahl versinnbildlicht die Vollkommenheit und die Vollständigkeit … Wie die zwölf Zeichen des Tierkreises das gesamte Universum verkörpern, so stellen die zwölf goldenen Sterne alle Völker Europas dar, auch diejenigen, welche an dem Aufbau Europas in Einheit und Frieden noch nicht teilnehmen können.“ (11)
In ihrem jüdisch-christlichen Fundament verbirgt sich die Zahl 12 in der Anzahl der Apostel aus der christlichen Bibel, und den Söhnen Jakobs aus der Torah, die, in einer ihnen vorauslaufenden Welterklärung, die Stunden des Tages und die Monate des Jahres bargen.
Während der Herausschälung der Flaggensymbolik Europas unterschrieb man im Saal des Palazzo Barberini in Rom, die Europäische Menschenrechtskonvention. Sie wurde, von der in der Mitte seiner Decke residierende Gottesmutter mit ihrem 12 er Sternenkranz gesegnet. Es ist die, die die PIS an den Landesgrenzen im Oktober 2017 in einem kollektiven Gebetsrausch so missbrauchte (12).
Palazzo Barberini, Rom: Maria Immacolata mit Sternenkranz von Pietro da Cortona
Der Homogenitätsanspruch der PIS signalisiert den Grad der Regression Polens in die “Vierte Republik”. Das politische Establishment verlässt inzwischen Rechtsstaatlichkeit und Demokratie, die inzwischen nur noch von den Bürgermeistern in den Selbstorganisationen mühsam verteidigt wird.
Deshalb mussten in der “Vierten Republik” die Medien in Staatshaftung genommen werden und die Unabhängigkeit der Justiz verschwinden, weil sie als Vertreter des Realitätsprinzips die neuen staatstragenden Mythen zertrümmern könnten.
Wenn eine der Grundannahmen der PiS lautet: “Wer gegen mich ist, gehört nicht zu uns”. Er oder auch sie gehören dann nicht mehr zum wahren Volk und werden rechtslos und vogelfrei, wie männerliebende Polen oder abtreibungswillige Frauen usw.
Flankiert wird ein solches Denken mit einer Zunahme an Ehrenfragen und eine Abnahme von Fragen der Moral, die den Wertekanon Polens spaltet.
Wenn Loyalität zur “Vierten Republik” zum erhabensten Wert (13) erklärt ist, kann Kritik an ihm, aus dem Volk heraus verfolgt werden. Dieses Volk lebt dann seine Hassausbrüche gegen Andersdenkende oder Ausländer aus, die kein Gericht mehr verfolgt (14).
Ohne “Check and Balance” haben anordnungsgebundene Verfassungsgerichte ihre Funktion verloren. Im Zweifelsfalle waren sie dazu da, verwundbare Minderheiten zu schützen.
In der Kollektivkultur des untergegangenen Ostblocks existierte kein „kategorischer Imperativ“ mit seinem „Handle so, dass die Maxime deines Willens jederzeit zugleich als Prinzip einer allgemeinen Gesetzgebung gelten könne“ (15), weil in der kommunistischen Schamfreiheitsformel wiederum paranoid, der Klassenfeind im anderen Lager lauerte.
Auf die Leerstelle des untergegangenen Klassenfeindes werden heutzutage in einer katholisch paranoiden Wagenburgmentalität, von der Propaganda, Muslime, Russen und Deutsche lanciert.
Durch den institutionellen Umbau in eine “Vierte Republik”, kann die Obrigkeit, keine Gerechtigkeit für alle transportieren und keine Demokratie, Menschenrechte, Freiheit oder Individualismus als universalistische Werte verteidigen.
Die PiS zeigt ein paranoides Leitmotiv im neuen Heldenmythos, der innenpolitisch den Mut und den Sieg der politischen Elite in der Solidarność mit der mythischen Verschwörungstheorie eines Verrats von “Magdalenka” abwerten muß.
In ihm modelliert die PiS die Dritte Republik um, zu einem Auffangbecken für abgehalfterte kommunistische Eliten.
Der neue Mythos aus einem mit Kiefern bestandenen idyllischen Vorort von Warschau, wurde belegt im zuprosten der Vertreter von Solidarnosc und damaliger Regierung. Nach 27 Jahren ausgestrahlt im TV, ohne den prostenden – in Smolensk verunglückten – Zwilling, dient der Mythos “Magdalenka” zusätzlich des Beweises der Kollaboration der politischen Elite der Solidarnosc mit den Kommunisten.
Dieser neue Mythos, verstaut gleichzeitig die vielen Quislinge, Szmalcowniks und die von Bürgern ausgeführten Pogrome gegen Juden in Jedwabne oder nach dem II. Weltkrieg in Kielce und anderswo, im kollektiven Unbewussten der polnischen Nation. Alle Mythen verhindern aber auch gleichzeitig polnische Bürger als “Gerechte unter den Völkern” wahrzunehmen.
Polen integriert seine Verstöße gegen “Was Du nicht willst, das man Dir tu, das füg auch keinen anderen zu”, in seine gegenwärtige Politik, und fixiert auf diese Weise seine Regression in eine katholische Volksgemeinschaft.
Angekommen in ihr existiert “die Würde des Menschen ist unantastbar” nicht für alle, sondern nur für das eigene wahre Volk, was die Flüchtlinge an der Ostgrenze in besonders sadistischer Weise deutlich erfahren.
Dieser damit einhergehende ausgehebelte Universalismus, ist eng mit Polens neuer Selbstdefinition verknüpft.
Für die PiS ergibt sie sich nicht durch eigene Leistungen und Werke, sondern – auf dem Hintergrund des ihr inhärenten Homogenitätswunsches – aus kulturellen und ökonomischen Differenzen, langgehegte Eifersüchteleien, Ehrschwulst und Gruppenegoismus.
In ihm gibt es ein regressives Verlangen nach Gewissensentlastung durch Verantwortungsübergabe an ein Kollektiv. Dies geschah schon in kommunistischen Zeiten und davon lebt die PiS, in der die breite polnische Masse, sich der Selbstregulation oder Selbststeuerung durch einen Führer, entledigen.
Gegenwärtig ist es Jaroslaw Kaczyński, mit seiner nationalistischen “Polen über alles” Verkündung, im Inszenieren dyadischer Gebetsräusche an der Grenze des Landes.
Die PiS, regredierte in einen Politikansatz des 19. Jahrhunderts, um das 20. Jahrhunderts – im Zuge der Konstruktion eines neuen kollektiven Gedächtnisses – ungeschehen zu machen.
Es findet die PiS keine Abgrenzung zu der existenten polnischen Herrenrasse, weil sie auf deren Stimmen angewiesen ist, deshalb können polnische Nazis in Warschau paradieren und werden von ihr zu Verteidigern polnischer Identität ausgedeutet.
Wohin das Herrenmenschentum einst führte, könnte doch in Polens kollektivem Gedächtnis am stabilsten eingeschlossen sein. Die Regression ins polnisch katholische völkische soziale “Polen den Polen” radierte ein vernichtende Urteil aus, gegen das Abrutschen der Mehrheit in den braunen Sumpf.
Deshalb können die heutigen polnischen Machthaber, Europa nicht als Wertegemeinschaft schätzen. Aus Angst vor dem russischen Bären, verbleiben sie unter dem Schutz der Nato und aus Bedürftigkeit an den Trögen der EU.
Die Nato und die EU sollen dem russischen Bären die Krallen ziehen, die er einst im Hitler Stalin-Pakt und der kommunistischen Ära, tief in Polens Leib eingeschlagen hatte.
Daraufhin bekam der Bär Angst, durch die offiziell in Richtung Teheran aufgepflanzten Bajonette der Nato, an der Grenze seines Territoriums.
Dies ist auf dem Hintergrund der traumatischen Spuren hinterlassen gehabenen Feldzüge Napoleons und Hitlers nachvollziehbar.
Allerdings nur, wenn man den Nachbarn verstehen möchte und ihn nicht nur unter einer zeitlosen Brille mit Namen Katyn bei Smolensk oder dem Gulag betrachtet.
Wie die Schamfreiheitsformel für Katyn die kommunistische Zeit höchst Ambivalent determinierte, spielt die für Smolensk, in der “Vierten Republik” ihre Opferrolle.
Sie führen in einen paranoiden Politikstil (16) aller involvierten Staaten, der von der Nato abgesichert wird.
Diese Angst wird Polen in der EU belassen, weil sie realpolitisch stärker antreibt, als die Macht der “Königin des Rosenkranzes” im Alltagsgeschäft der Demagogie an der Landesgrenze.
Deshalb werden die in Rom einstmals von ihr gesegneten Menschenrechte letztendlich auch in Polen sich durchsetzen.
Weil das Vergessen müssen, das Trauma am Leben hält, seine Erinnerung jedoch erlöst, plädiert die Autorin für eine polnische Erinnerungskultur, die nicht von der Helden suchen müssenden Schamabwehr geprägt ist, durch eine zuverlässig dokumentierte und zutreffend interpretierte Geschichte.
Vor allem bezogen auf die polnische Nationalgeschichte setzt das voraus, dass Geschichtsschreibung den Versuchungen entgegenwirkt der Landesgeschichte goldene Wurzeln in neuen Mythen zu verpassen.
Nationalgeschichte ist nicht die Geschichte Polens, sondern ein Rahmen, der sein kollektives Gedächtnis bestimmt. Dieser Rahmen wird nicht unbedingt von der akademischen Geschichtsschreibung geprägt, obwohl sie dazu beitragen kann. Der Rahmen schließt ein, wie polnische Geschichte in der breiten Öffentlichkeit, in Kinder-und Schulbüchern, in Zeitungen, im Fernsehen und im Kino, in populärwissenschaftlichen Darstellungen, bei Gedenkveranstaltungen und ihren Ritualen dargestellt wird.
Das alles formt das Bewusstsein eines Volkes von seiner Geschichte viel nachhaltiger als gelehrte Werke.
Nationalgeschichte wurde hauptsächlich von Polen entworfen und führt deshalb in biographisches, weil sich Autor und Gegenstand eine Identität teilten. Deshalb ist die Nationalgeschichte durch die gesellschaftliche Schamabwehr in Abwehr der Traumata, vergessen wie Polonezköy in der Türkei oder verherrlicht wie im neuen Museum Umbrüche in Stettin.
Das kollektive Gedächtnis neigt zur narzisstischen Verzückung, was in eine nationalistische Geschichtsschreibung, mit Entwertung anderer Nationen, führt.
Deshalb ist es erforderlich die jeweiligen Gegenstände polnischer Geschichte, in das Licht einer kritischen Außenwahrnehmung zu rücken.
Eine zutreffende polnische Geschichte erfordert daher, die Einbeziehung und Verarbeitung der Sichtweisen Außenstehender. Diese externen Blicke sollten einfließen in den Interpretationsrahmen derer, die es sich zur Aufgabe gemacht haben, Subjekte darzustellen, mit denen sie eine grundlegende Identität teilen.
Ihre Ergebnisse könnten dann in den Rahmen von Nationalgeschichte eingeführt werden um ein kollektives Gedächtnis, dass nicht nur der Mythenbildung, sondern auch dem Realitätsprinzip verpflichtet ist zu konstruieren.
Wer sich mit seiner Geschichte befasst, kann aus ihr lernen und ist somit weniger anfällig, deren dunkle Kapitel zu wiederholen.
Um das zu ermöglichen könnte von einer Historiker-Kommission das Netzwerk unter den europäischen Geschichtsfakultäten genutzt werden. In denen -vergleichbar des Schulbuchprojektes-, die Nationalgeschichte vom Nachbarland mit geschrieben würde.
Bis zu Bischoff Desmond Tutus Wahrheits- und Versöhnungskommissionen in Südafrika, waren traumatische Erfahrungen der Geschichte in der Öffentlichkeit kaum ansprechbar, weil es dafür keine kulturellen Verarbeitungsmuster gab. Doch um die zerstörerische Macht des Schweigens (17) aufzulösen, hat er einen Weg aufgezeigt, der zwischen den jeweiligen polnischen Nachbarländern modifiziert weiter gegangen werden könnte.
Auf diesem Hintergrund könnte Erinnerungskultur zur Voraussetzung individueller Verantwortungskultur werden, die zu einer Versöhnungskultur, innerhalb Polens und zwischen seinen Nachbarländern führt.
Dies eröffnete die Möglichkeit, die Würde der Schutzsuchenden an den Landesgrenzen Polens und die Inhomogenen in seiner Mitte, unangetastet zu lassen.
(1) Vgl. Horkheimers „Geschichte und Psychologie“ Zeitschrift für Sozialwissenschaft 1932. S. 128
(2) Assmann, Aleida: Kollektives Gedächtnis Dossier: Geschichte und Erinnerung (Erstellt am 06.09.2017)
(3) 5. Mo 32,10; Ps 17,8. Sacharja 2,12
(4) Bogna Czałczyńska: Vortrag: Festung-Europa: Bericht aus der östlichen Außengrenze. am 19.09.2017 in der Regenbogenfabrik in Berlin-Kreuzberg
(5) Fake von Gmyz Cezary: Rzeczpospolita 30 10 2012.
(6) Bogna Czałczyńska: Vortrag: Festung-Europa a. a. O.
(7) Victor, Barbara: Beten im Oval Office. (2005) Christlicher Fundamentalismus in den USA und die internationale Politik. München u. Zürich: Pendo. [engl. 2004: The Last Crusade; Erstausgabe frz. 2004: La Dernière Croisade. Plon: Paris. S. 29
(8) Domin Florian, Facebook Metadaten-Analyse 2017 entnommen 16.08.2017
(9) Vgl. Alter, Peter: Nationalismus. Frankfurt am Main 1985, S. 14.
(10) Bogna Czałczyńska: Vortrag: Festung-Europa. A. a. O.
(11) Kant Immanuel: § 7 Grundgesetz der reinen praktischen Vernunft . in der Kritik der reinen praktischen Vernunft. S.54
(12) Hofstadter Richard: The paranoid Style in American Politics. Erstveröffentlichung Harper’s Magazine 229.1374 (1964): 77-86
(13) Vgl. Schwan Gesine: Politik und Schuld. Die zerstörerische Macht des Schweigens. 1997, S. 240
(14) Vgl. Schwan Gesine: Politik und Schuld. Die zerstörerische Macht des Schweigens. 1997, S. 240
Literatur
Alter, Peter: Nationalismus. Frankfurt am Main 1985, S. 14.
Assmann, Aleida: Kollektives Gedächtnis Dossier: Geschichte und Erinnerung (Erstellt am 06.09.2017)
Barbara Victor: Beten im Oval Office. (2005) Christlicher Fundamentalismus in den USA und die internationale Politik. München u. Zürich: Pendo. [engl. 2004: The Last Crusade; Erstausgabe frz. 2004: La Dernière Croisade. Plon: Paris.
Bogna Czałczyńska: Vortrag: Festung-Europa: Bericht aus der östlichen Außengrenze. am 19.09.2017 in der Regenbogenfabrik in Berlin-Kreuzberg
Hofstadter Richard: The paranoid Style in American Politics. Erstveröffentlichung Harper’s Magazine 229.1374 (1964): 77-86
Horkheimers „Geschichte und Psychologie“ Zeitschrift für Sozialwissenschaft 1932.
Kant Immanuel: § 7 Grundgesetz der reinen praktischen Vernunft . in der Kritik der reinen praktischen Vernunft.
Schwan Gesine: Politik und Schuld. Die zerstörerische Macht des Schweigens. 1997
Entnommen aus dem Internet:
Fake von Gmyz Cezary: Rzeczpospolita 30. 10. 2012.
Domin Florian, Facebook Metadaten-Analyse 2017 entnommen 16.9.2017