9-Euro-Ticket (3)

Christine Ziegler

Ja, auch das ist 9-Euro-Ticket

Liebe Ewa,

die Langstrecke Berlin – Pfalz haben wir natürlich mit einem schön früh gebuchten Fahrschein absolviert. Doch als wir mal in der Pfalz angekommen waren, sind wir tagtäglich von Landau aus mit Bus oder Bahn zu den schönsten Wanderrouten gefahren.

Auf dem Weg nach Kaiserslautern war es dann besonders nett. Da wurden wir nämlich auch mal kontrolliert. Und trotz Maske war zu sehen, dass sich die Schaffnerin freute, dass sie Gäste aus Berlin im Zug hatte. Sie fragte uns aus, was wir so machen und schwärmte davon, auch bald mal nach Berlin zu fahren. Wirklich: bin schon lang nicht mehr so gerne kontrolliert worden!

Es ist eine feine Sache, allüberall im Land für jeden Bus, für jeden Zug ein gültiges Ticket zu haben. Einfach einsteigen, das war noch nicht mal in den Förderbedingungen für die BahnCard 100 enthalten.

Schiefgehen kann es mit der Bahn natürlich auch: Am Sonntagmorgen wurde uns verkündet, dass der Zug nach Bern verspätet eingesetzt wird, er war einfach noch nicht fertig geputzt. Alles steigerte sich ins Absurde, als am Gleis eine Zugdurchfahrt angekündigt wurde. Dieser Zug rollte auch gleich herein in den Bahnhof – und blieb stehen. Ok, also doch unser Zug? Alle schnappten Kind und Kegel und enterten den Zug, um dann verunsichert in der Tür stehen zu bleiben. Den ganzen Bahnsteig entlang, alle zwischen Tür und Angel. Da trabte J. zum Zuganfang, wenigstens der Fahrer musste doch wissen, was es mit dem Zug auf sich hatte. Nach gefühltes zehn Minuten Rätselraten war dann geklärt, dass dies ein Zug nach Frankfurt sei, der müsse aber mit der Abfahrt warten, bis der Zug nach Bern sich auf den Weg gemacht hat. Aber wohin kommt nun der Zug nach Bern? Keiner hatte Ahnung, auch nicht die Schaffnerinnen, die auf ihren Zug warteten. Na dann endlich die Auflösung am Gleis „direkt gegenüber“:
Ach, endlich dann ein Platz ergattert und das ruhige Leben an Bord konnte einsetzen.

Doch dann wurden die Informationen immer wilder. Wann würden wir in Heidelberg sein? Welche Anschlüsse können wir erreichen? Ab Hanau war keine Gewissheit mehr. Frankfurt selber wurde nicht angefahren, irgendwo wird gebaut. Die DB-App behauptete steif und fest die alten Zeiten, die längst nicht mehr erreichbar waren. Plötzlich fuhr nach Frankfurt Süd der Zug noch durch Mannheim, ohne zu halten. Aber wieso? Jetzt war selbst der Schaffner baff. Später hörten wir von Feuerwehreinsatz am Gleis. In der Nähe von Darmstadt war ein Weizenfeld in Flammen aufgegangen.

In Heidelberg war jegliche Gewissheit über hereinkommende Züge zu Zeit und Gleis ausgesetzt. Die Hitze war unerträglich, das Gepäck schwer, die Kinder müde, eine unglaubliche Melange. Und alle treppauf, treppab auf der Suche nach dem verlegten Zug.

Doch waren es dann doch nur zwei Stunden, in anderen Gegenden der Welt kann das noch ganz anders enden.

Ist das der Sommer, in dem wir lieber zuhause bleiben? Die, die noch fliegen, können sich im Moment auch nicht sicher sein, ihren Flug tatsächlich angeboten zu bekommen. Zu wenig Personal für Service und Sicherheit. Die Ferien beginnen und die Staumeldungen vervielfachen sich.

Und trotzdem, der Tapetenwechsel tut der Seele gut.


In der Pfalz leben liebe Freude, manche kenne ich schon seit den 80er Jahren. Im Wald sein war sowieso eine Erholung. Die gelegentlichen Aussichten immer eine Freude. Jedes Mal, wenn ich die erste Hügelkette erklommen hab und ins weite Waldland schaue, werde ich ganz froh und glücklich. Na und Essen und Trinken ist dort auch von bester Qualität. Lange Gespräche in lauen Sommernächten, wir hatten von Allem das Beste. Pünktlich um viertel nach zehn flog die Eule jeden Abend über das Haus.


Neun-Euro-Ticket ist super, wenn es genug Züge und genug Personal gibt. Wenn die Bahn auch in die Lage versetzt wird, unserer Reiselust zu begegnen. Die meisten, die wir trafen, hatten Spaß an ihrer Arbeit und behielten trotz Hitze und genervter Menschen ringsum die Contenance. Ok, nicht alle, einen Stinkstiefel haben wir in Neustadt schon auch getroffen. Aber die Aufgabe war durchaus schwer. Da stand der ersehnte Zug am richtigen Gleis und sollte plötzlich nicht mehr im Einsatz sein? Alle wieder raus, wieso das? Antworten gab es da sowieso nicht, nur schlechte Laune.

Doch sowas gleich doch die Schaffnerin bei Kaiserslautern locker aus, oder?

Liebe Grüße

Christine

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