Frauenblick: Der achte März

Monika Wrzosek-Müller

Der Internationale Frauentag

Soweit ich mich erinnern kann, sehe ich meine Mutter, meine Tante und meine Oma mit Blumen an diesem Tag nach Hause kommen; nicht irgendwelche Blumen: eine rote Nelke, später gab es bei meiner Mutter auch mal eine Gerbera und meine Tante bekam eine Schachtel irgendwelcher zuckersüßer Pralinen. Sie haben alle im sozialistischen Polen gearbeitet und alle bekamen an diesem Tag Blumen, früher gab es noch manchmal ein paar Strümpfe, Handtücher, ein Päckchen Kaffee oder so, oder einen Gutschein für irgendetwas besonders Erstrebenswertes. Meine Oma, die im polnischen Film als Buchhalterin arbeitete, bekam auch Freikarten für Filmvorführungen. Die sie dann meistens an die Verkäuferinnen in den Delikatessläden weiterreichte, um an besondere Artikel (Schokolade, Kaffee, gutes Fleisch) zu kommen. So war der Tag für mich schon als Kind immer positiv besetzt, abgesehen davon, dass meine Mutter manchmal über die blöden, nicht enden wollenden Feiern in ihrer Arbeitsstelle (dem Verteidigungsministerium) schimpfte. Es war zwar von oben verordnet und inszeniert, diente aber doch einer guten Sache; die Frauen arbeiteten nun genauso fleißig wie die Männer, oft noch mehr, da sie die Versorgung der ganzen Familie auf dem Kopf hatten.

Später, in der Schule, genauer in den letzten Klassen der Grundschule, malten die Jungs uns Mädchen irgendwelche Glückwunschkarten, schnitten Herzen aus Pappe aus und bemalten sie, boten sich an, den Schulranzen nach Hause zu tragen… Es waren kleine Gesten der kleinen Männer.

Woran ich mich aber wirklich sehr positiv erinnere, waren die Schulfeiern in meinem Gymnasium, wo die Jungs uns etwas darbieten sollten. Natürlich wurde in den Klassenverbänden gefeiert, wir bekamen Blumen und es wurden abends Partys veranstaltet. Doch auf der Schulebene gab es große Schulfeier mit Theater, Gesang, Gedichte vortragen. Eine dieser Schulfeiern hat mein damaliger Freund organisiert, den Text geschrieben, Regie geführt mit Ton (Musik), Licht und Choreografie. Es war in der zehnten oder elften Klasse und alle waren begeistert und ich wusste, es war für mich. Es hatte wenig mit dem Pomp und Protz der offiziellen Feiern zu tun. Viele Jungs aus verschiedenen Klassen haben daran teilgenommen, es war wie ein großes buntes Happening mit Blumenregen, Gedichten, einer Band, Songs etc…

Leider verschwand das Fest an der Universität eigentlich völlig, es waren in meinem Fach (Germanistik) wohl zu viele Frauen und zu wenige Männer. Dafür aber tauchte es wieder bei TVP (Polnisches Fernsehen), meiner ersten Arbeitsstelle, gehäuft, massiv auf. Da ich die deutschsprachigen Journalisten und Fernsehteams betreute, bekam ich besonders große Pakete aus dem damaligen „Fernseh- und Rundfunkkomitee“ der DDR. Sie waren richtig prachtvoll, mit Seife, Schampoo, Büchern gefüllt und einer Gratulationskarte beigelegt; natürlich hatte ich die meisten Delegationen eben aus der DDR zu betreuen. Aber auch in den kleinen Bars und in den einzelnen Redaktionen bekamen Frauen Blumen, auch im Programm lief etwas Entsprechendes.

Es freut mich sehr, dass inzwischen der Tag hier, in Berlin auch angekommen ist, sogar als ein Feiertag; ich erinnere mich gut daran, wie ich ausgelacht wurde, als ich am Frauentag meine Blumen verlangte – weil der als reine Erfindung der sozialistischen und kommunistischen Machthaber und ihrer Propaganda abgetan wurde. Das stimmt teilweise, weil die Festlegung des Datums auf den 8. März wohl noch von Lenin in der Sowjetunion stammt und in den sozialistischen Ländern besonders feierlich begangen wurde. In West-Berlin hätte ich mich manchmal fast geschämt, den feiern zu wollen, fast hätte ich es auch aufgegeben. Ich erinnerte meinen Mann daran: und vergiss nicht die Blumen! Es gibt in Westdeutschland keine Tradition, keine Idee, keine Erinnerung daran, wozu der Tag gut sein sollte, obwohl die westdeutsche Gesellschaft ihn sehr gebraucht hätte und obwohl die kämpferischen Sozialistinnen wie Rosa Luxemburg und Klara Zetkin ihn unterstützten und organisieren wollten. Die westdeutsche Hauptfeministin Alice Schwarzer trommelte sogar (laut google) ganz dagegen: „Schaffen wir ihn […] endlich ab, diesen gönnerhaften 8. März! Und machen wir aus dem Frauentag im Jahr 365 Tage für Menschen, Frauen wie Männer“. Doch in Ländern wie Italien und Frankreich wurde der gefeiert, in Florenz bekamen Frauen (mich eingeschlossen, nämlich von unserem meccanico) einen Riesenstrauß, die in der Jahreszeit wunderschön blühenden Mimosen, manchmal wurden halbe Bäume abgesägt, um an schöne Zweige zu kommen, auch überall an den Straßenecken konnte man einzelne Zweige kaufen. Im Grunde ist der Feiertag ein sichtbares Zeichen für die Achtung, für die Gleichberechtigung der Frauen; wie er gefeiert, interpretiert wird, ist eine andere Sache. Immerhin wird er aber in über 30 Ländern begangen und bildet eine internationale Plattform, auf der die Anliegen von Frauen verhandelt werden können.

2 thoughts on “Frauenblick: Der achte März

  1. Danke sehr für Ihren Beitrag!
    Ja, ja, die Straßen am 8 März (dem internationalen Frauentag) in einer polnischen Stadt, in einem Städtchen, oder in einem Dorf, waren damals sehr bunt, Frauen waren sooo bunt, alle mit sooolchen bunten Blumen…🌹
    Man hat überall viel Lachen, Freude und Spaß gehört, Entspannung,
    bevor die Frauen wieder in ihren grauen, oft sehr schwierigen Tag gingen.
    Es war ein Feiertag für alle, alle Frauen, es gab keinen zweiten so “demokratischen” Tag im damaligen System, wie gerade da, wo es um jede Frau ging!
    Obwohl viele Leute als sehr relativ die Bedeutung des Frauentags finden, mir geht es hier gerade nicht nur um die Politik.

    Auch heute ist der Frauentag noch sehr wichtig, und soll uns immer bewusst machen:
    eine Frau soll niemals mehr als Opfer der Gesellschaft (aus ihrer geschlechtlichen, traditionellen Geschichte) gesehen werden, die nur in diesem einen Tag gefeiert wird!
    Sie war, ist und bleibt ein wertvolles “Gegenstück” zu einem Mann!!!
    Weil sie leider noch immer für viel mehr Rollen verantwortlich ist als ein Mann, verdient sie nicht nur Blumen!
    Und das bleibt weiterhin ein Thema: Gleichstellung (in jedem Gebiet des Lebens einer Frau) mit einem Mann. Auf der ganzen Welt!!!

    😅😅😅

  2. Dieses mal, der link ist hoffentlich ok. Sehr sympathischer Song/Schlager😉

    Teresa

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