Spaziergänge in Berlin – Mitte

Brigitte von Ungern-Sternberg

Berliner ‚Schlossfreiheit‘ und Bauakademie

Seit 1976 ist Berlin mein Wohnort und inzwischen Heimat. Wie oft war ich in Ostberlin vor der ‚Wende‘? Nicht oft: Ich besuchte das Pergamonmuseum, speiste beim ‚Gastmahl des Meeres‘ und kaufte in einer Buchhandlung Unter den Linden Bücher und Platten. Nach diesem Anfangsprogramm fiel mir zu Ostberlin nicht mehr viel ein. Dorthin fahren mit der umständlichen Voranmeldung über das Besucherbüro und dem Zwangsumtausch – wofür? Ich hatte weder Verwandte noch Freunde in Ostberlin. Auf der westlichen Seite dagegen gab es viel zu erkunden. In der Stadtmitte verblasst inzwischen allmählich das Erscheinungsbild der früheren Hauptstadt der DDR. Es wird gebaut, rekonstruiert, repariert …. es ist auch die Suche nach einer neuen Identität. Wieviel DDR darf dabei sein? Wieviel Repräsentanz von früheren geschichtlichen Orten und Gebäuden?

Das Schloss/Humboldtforum steht. Ich habe dort vor kurzem die Ausstellungsräume mit Kulturgegenständen aus Asien, Afrika und Ozeanien besichtigt in überwältigender Fülle und Qualität. Es war kein Problem, eine Eintrittskarte zu bekommen: stehen in einer kurzen Schlange vor den Ticketschaltern, eine halbe Stunde warten, keinerlei Voranmeldung im Internet. Jetzt weiß ich, was im Schloss ‚drin‘ ist und auch, dass man mehrfach hingehen muss, um die Sammlungen gebührend zu betrachten und zu bewundern.


In der unmittelbaren Nachbarschaft des Schlosses wird jetzt der Wiederaufbau der Bauakademie von Karl Friedrich Schinkel in Angriff genommen. Es wurde 1836 fertig und Schinkel bezog dort eine Dienstwohnung. Die Bauakademie war außen wie innen ein überaus nobler Bau und gleichzeitig ‚progressiv‘, insofern als es ein Prototyp war für unzählige nichtkirchliche Ziegelbauten in Berlin, z.B. Schulen. Auf dem Gemälde von Friedrich Wilhelm Klose sieht man die Bauakademie am Spreekanal mit einem äußerst niedrigen Wasserstand – es war wohl ein besonders trockener Sommer. Auf der anderen Seite des Kanals befinden sich die Gebäude der ‚Schlossfreiheit‘, sie verdecken die Sicht auf das Stadtschloss dahinter. Diese ‚Schlossfreiheit‘ samt Flussbad im Spreekanal wurde abgeräumt, um dem Nationaldenkmal von Kaiser Wilhelm II Platz zu machen. Es wurde errichtet in den Jahren 1895 – 97. Die Bürgernähe der früheren preußischen Könige verschwand, es gab um das Schloss herum nunmehr kaiserlichen Abstand. Die Bauakademie hat es mit Würde ertragen. Nach dem Zweiten Weltkrieg war die Bauakademie eine Ruine, das Schloss wurde gesprengt und das Nationaldenkmal abgetragen.

Auf einem Foto von 1952 steht auf dem Ort des Nationaldenkmals eine Art Galerie gekrönt von einer Taube, der Platz ist offenbar dem Frieden gewidmet. Eine neue Sinngebung für den Standort. Die Galerie samt Taube ist irgendwann wieder verschwunden. Auf der anderen Seite des Kanals sieht man auf dem Foto die Ruine der Bauakademie. Die stand noch bis in die50er Jahre, man hätte sie wieder instandsetzen können so wie die Schlossruine auch. Es gab sogar einen Plan dafür. Daraus wurde nichts, die Ruine wurde abgetragen und das Außenministerium der DDR auf dem Grundstück gebaut. Basta!

Derzeit wird eifrig auf dem Baugrund der Schlossfreiheit/ Nationaldenkmal/ DDR Friedensgalerie an dem Fundament für das ‚Einheitsdenkmal‘ gebaut. Es entsteht wieder ein Gedenkort: für das wiedervereinigte Deutschland. Und die Bauakademie? Einen Investor für ihren Wiederaufbau hat man gesucht und nicht gefunden. Auf dem Grundstück findet derzeit eine archäologische Grabung statt. Eine Bundesstiftung hat die Aufgabe für den Wiederaufbau übernommen.

Wir dürfen gespannt sein!

3 thoughts on “Spaziergänge in Berlin – Mitte

  1. am radikalsten, was umbau berlins betrifft, war albert speer
    aber heute errinnert sich kaum eine/r an seine zeit und pläne;

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