Lidia Głuchowska
Foto oder Grafik? »Kabinett der historischen Fototechniken« von Mariusz Kubielas bei dem Europäischen Monat der Fotografie in Berlin 2014
Der Fotozyklus „Bruno Schulz – Mariusz Kubielas – In Transitu“ ist das Ergebnis eines 2004 initiierten Kunstexperiments, das vom literarischen und bildkünstlerischen Werk des polnisch-jüdischen Künstlers Bruno Schulz aus Drohobytsch (früher Österreich-Ungarn und Polen, heute Westukraine) inspiriert wurde. Sein Effekt bilden inszenierte und auf dem Negativ festgehaltene Szenen aus dem Grenzbereich zwischen Performance und Pantomime, die an eingefrorene Bildausschnitte aus einem Stummfilm erinnern.
Dieses transmediale Projekt, das auch durch Auszüge aus Schulz’s Prosa und die metaphorischen Titel der Arbeiten bereichert wird, dient der Aktivierung des internationalen und generationsübergreifenden Diskurs über das multinationale und multikonfessionelle Kulturerbes Mittelosteuropas.
Die größte Attraktion dieser Fotoschau ist jedoch das »Kabinett der historischen Fototechniken«, welches ca. 20 einmaliger Aufnahmen umfasst, welche Zeichen des persönlichen Stils des Künstlers tragen. Wie kaum einem zeitgenössischen Fotografen ist es Kubielas (geb. 1953) gelungen, einige um die Wende des 19. und 20. Jahrhunderts verwendete manuelle Techniken der Fotografie und deren Varianten zu rekonstruieren. Damit erreichte er Effekte von genauester Wiedergabe der Wirklichkeit sowie schärfster Licht-Schatten-Kontraste oder bis zur „impressionistischen“ Körnigkeit und edlen Matts der Bildoberfläche.
Der Realisierung des Kabinetts gingen Kubielas Studien zur Rekonstruktion archivalischer Technologien zur Schaffung von Lichtbildern voraus, die er 2004 an der Hochschule für Fotografie in Jelenia Góra/Hirschberg begann und bis heute in Zusammenarbeit mit führenden polnischen Experten, wie Cezary Chrzanowski, Roman Michalik, Janusz Sochacki und Rafał Warzecha weiterführt. Der Initiator dieser Arbeiten war Andrzej Pytliński, Patron des informellen Freundeskreises der historischen Fototechniken.
Das „Kabinett der historischen Techniken” von Mariusz Kubielas ist ein offenes Projekt: auch nach Ablauf des Europäischen Monats der Fotografie wird es fortgeführt und um weitere Varianten derselben Motive in weiteren Techniken ergänzt. In näherer Perspektive ist die Präsentation des Zyklus in Belgrad, Helsinki, Brüssel, Bratislava und Prag geplant – vorbereitet von dem Künstler in Zusammenarbeit mit der Kuratorin Dr. Lidia Głuchowska.
Ausstellung Bruno Schulz – Mariusz Kubielas – In Transitu
Kuratorin: Dr. Lidia Głuchowska
Vernissage: Donnerstag, 2. Oktober 2014, 19.00 Uhr
Ausstellungsdauer: 4. Oktober bis 14. November 2014
Begleitpublikation:
Lidia Głuchowska (Hg.): Bruno Schulz – Klisza Werk – Transgresiones, Wrocław: Ośrodek Kultury i Sztuki we Wrocławiu, 2013.
Über das Projekt wurde schon auf diesem Blog berichtet
https://ewamaria2013texts.wordpress.com/2013/04/18/bruno-schulz-reloaded/
https://ewamaria2013texts.wordpress.com/2013/03/22/kobieta-i-kon-rewers/
Ein Projekt im Rahmen des Europäischen Monats der Fotografie Berlin
http://www.mdf-berlin.de
und des Berliner Kunst- und Kulturfestivals Kunstkreuz: 10. bis 12. Oktober 2014
http://www.kulturring.org/kunstkreuz/
Vorbereitet vom Kultur- und Kunstzentrum OKiS in Wrocław
Mitfinanziert aus den Mitteln der Woiewodschaft Niederschlesien
http://www.okis.pl/site/zapowiedzii/n/1/n/1/951/n.html
Fotogalerie Friedrichshain, Helsingforser Platz 1, 10243 Berlin
Öffnungszeiten: Di, Mi, Fr, Sa 14 bis 18 Uhr, Do 10 bis 18 Uhr
Tel. (030) 296 16 84, Fax (030) 29 04 98 02
fotogalerie@kulturring.org • www.kulturring.org
S- und U-Bahnhof Warschauer Straße, Tram M10 und M13
Abbildungen
1. Mariusz Kubielas, Das große Glas oder Damals war die Mutter noch nicht da, jedoch…, 2010/14, 42 x 54,5 cm, 3 Paralell-Aufnahmen aus dem „Kabinett der historischen Techniken”
2. Mariusz Kubielas, Gebadet, Gummi-4-chromatschicht, „Kabinett der historischen Techniken”, 2011/14 (Im Rahmen).
2a. Mariusz Kubielas, Gebadet, Gummi-4-chromatschicht, „Kabinett der historischen Techniken”, 2011/14 (ohne Rahmen)
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Photo or Graphics? “Cabinet of Historic Techniques” by Mariusz Kubielas during the European Month of Photography in Berlin 2014
The photography cycle „Bruno Schulz – Mariusz Kubielas – In Transitu“ is a result of an artistic experiment inspired by the literary and fine arts oeuvre of the Polish-Jewish artist of Drohobycz (previously Austria-Hungary and Poland, today located in Western Ukraine). Its result are scenes from the edge of performance and pantomime, recorded on the negative, which resemble the stopped frames of a silent movie.
That trans-media project also comprises fragments of Schultz’s poetry and metaphorical titles of the works. It aims at activating an international and beyond-generational discourse about a collective future, and the future of the multicultural and multi-confessional cultural heritage of Central-Eastern Europe.
The very special attraction of the show is the “Cabinet of Historic Techniques”, to which belong c. 20 versions of the unique photographs, which carry the hallmarks of inimitability as well as the artist’s style. Unlike many contemporary artists, Kubielas (1953) has managed to reconstruct numerous photographic methods from the turn of the 19th and 20th centuries, as well as their abbreviations. Using traditional manual techniques, he achieved not only a precise reflection of details of the reality or the sharp light-shadow effects but also the sophisticated mat of the picture’s surface up to its “impressionist” graininess.
The development of “Cabinet” was preceded by Kubielas’ study on the reconstruction of archival methods of creating photographs which he had started in 2004 at the Photography Professional School in Jelenia Góra and has continued up to today in cooperation with leading Polish experts, such as Cezary Chrzanowski, Roman Michalik, Janusz Sochacki and Rafał Warzecha. The initiator of these works was Andrzej Pytliński, patron of the informal Society of Historic Photographic Techniques.
“Cabinet of Historic Techniques” by Mariusz Kubielas is an open project: also continued after the end of the European Month of Photography it will be enriched by further variants of the same motifs in other techniques. In the nearest future it will be shown in Belgrade, Helsinki, Bratislava and Prague prepared by the artist in cooperation with the curator Dr. Lidia Głuchowska.
Curator: Dr. Lidia Głuchowska
Vernissage: Thursday, Oktober, 2nd, 2014, 7 pm.
4th of October until 14th of November 2014
Related publikation:
Lidia Głuchowska (ed.): Bruno Schulz – Klisza Werk – Transgresiones, Wrocław: Ośrodek Kultury i Sztuki we Wrocławiu, 2013.
Projekt in the framework of the European Month of Photography Berlin
http://www.mdf-berlin.de
and the Berlin Art- and Culture Festival „Kunstkreuz“: 10- 12. Oct. 2014
http://www.kulturring.org/kunstkreuz/
Prepared by the Culture and Art Office OKiS in Wrocław
Supported by the of the Województwo Lower Silesia
http://www.okis.pl/site/zapowiedzii/n/1/n/1/951/n.html
Fotogalerie Friedrichshain, Helsingforser Platz 1, 10243 Berlin
Opening times: Tuesday, Wednesday, Friday, Saturday 2-6pm, Thursday 10am-6pm
Tel. (030) 296 16 84, Fax (030) 29 04 98 02
fotogalerie@kulturring.org • www.kulturring.org
S- and U-Station Warschauer Straße, Tram M10 and M13
Images
1. Mariusz Kubielas, The Great Glazing – The Mother Was Still not Present Then, Though 2010/14, 42 x 54,5 cm, 3 Paralell-Photographs from the “Cabinet of Historic Techniques”
2. Mariusz Kubielas, Bathed, gum 4-chromate technique, “Cabinet of Historic Techniques”, 2009/14 (in the frame)
2a. Mariusz Kubielas, Bathed, gum 4-chromate technique, “Cabinet of Historic Techniques”, 2011/14 (without the frame)
Ich muss ja überbieten, wenn vom generationenübergreifenden Diskurs die Rede ist. Und ein Beispiel für den grenzübergreifenden Diskurs geben: Gestern saß ich mit einer Lettin und einer Argentinierin tief im Schwabenländle, auf einmal nannte die Letztere Bruno Schulz und fragte, ob ich ihn kennen würde. Schon da wurde ich unruhig und kramte mein restliches Wissen aus den letzten Winkeln meines Gedächtnisses heraus. Aber das war nicht alles: daraufhin meldete sich die Lettin und sagte, sie habe Fragmente aus Bruno Schulz’ Werk ins Lettische übersetzt. Ich fragte naiv, ob sie ihn aus dem Deutschen übersetzte – sie daraufhin, nein, aus dem Polnischen (!). Diesen Frauen versprach ich hoch und heilig den Ausstellungskatalog – hören Sie, Frau Gluchowska? Wollen Sie noch etwas für den grenzübergreifenden Diskurs tun? Dann melde ich mich bald, um die Bücher abzuholen.
Das Gespräch entwickelte sich weiter und die Argentinierin erzählte, wie unser Gombrowicz in einer Kneipe in Buenos Aires zusammen mit einer Gruppe betrunkener Kerle ohne die geringsten Kenntnisse der Sprache des Gegenübers einen Roman nacherzählte – und dann erzählten wir alle nacheinander unsere Lieblingsszenen aus Schulz und Gombrowicz …
Das hätte man aufnehmen müssen – in der schwäbischen Provinz, wenige Meter von des Beständen des Literaturarchivs, im Sonnenschein, während normale Menschen irgendeiner geordneten Tätigkeit nachgehen … war das grenzübergreifend schön!