Schrecken ohne Ende: Landwirtschaftsminister Rainer will die grausame Kettenhaltung von Rindern fortführen. Tierrecht und Verbraucherwillen sind ihm egal. Bitte unterschreiben Sie unsere Petition:
Ewa fährt nach Blackpool, nicht im Sommer, sondern eher in der dunklen, herbstlichen, fast vorweihnachtlichen Zeit.
Aus den Tiefen meiner Erinnerungen tauchten Erzählungen meiner Mutter auf, über ihre Englandreise im Jahr 1958 – ein für die damalige Zeit in Polen unerhörtes Ereignis. Meine Tante und meine Mutter hatten sich auf Einladung irgendeiner Dienststelle der RAF (Royal Air Force) auf die Reise gemacht, denn die Air Force konnte die Witwenrente, die meiner Oma als Ehefrau eines im Krieg gefallenen polnischen RAF-Piloten zustand, nicht nach Polen auszahlen und man wollte wenigstens den Töchtern die Reise zum Grab ihres Vaters, meines Großvaters, in Großbritannien ermöglichen.
Kannitverstan im Bett. In: Die Weltwoche, Nr. 40, 1996
Ende der zwanziger Jahre brach ein junger Religionsforscher nach Indien auf, wo er seine Suche gleich zweispurig betrieb. Sein Schriftstudium beim bengalischen Sanskritgelehrten Surendranath Dasgupta ergänzte er durch Sinneseindrücke: In der Freizeit suchte er unter anderem dessen Tochter Maitreyi Devi zu verführen. Die Ergebnisse beider Studiengänge sind allgemein bekannt. Der Rumäne Mircea Eliade (1907-1986) hat mit seinen Veröffentlichungen zu vergleichender Religionswissenschaft Weltruhm erlangt und ist auch als Romancier hervorgetreten. Bereits im Jahr 1934 hat Eliade sein Liebesabenteuer in Romanform gleich in zwei Sprachen veröffentlicht. Der rumänische Titel «Maitreyi» gab die Identität der Geliebten preis; der französische Titel «Les nuits bengales» («Die bengalischen Nächte») nahm den Ausgang der Geschichte vorweg.
Das 21. BERLIN FESTIVAL OF LIGHTS steht unter dem Motto „Let’s Shine Together“.
08. bis 15. Oktober 2025
Potsdamer Platz
Berlin leuchtet – wie jedes Jahr. Fast immer zur gleichen Zeit im Herbst, wenn die Tage kürzer und die Nächte länger werden. Und genau diese Nächte beginnen für ein paar Tage zu strahlen.
Sommerliche Hitze. Vom nahen Badesee klingt Kinderlachen herüber. Ich begebe mich auf den Weg zum deutschen Haus. Links und rechts gesäumt von Bäumen und Buschwerk. Das Grün ist besonders dicht und kräftig. Sehr gut gedüngt sind diese Pflanzen. Ich laufe auf eine pompöse Mauer aus Naturstein zu. Eine eindrucksvolle Kulisse für Politiker. Hier halten sie Reden. Hier steht schwarz über ihren Köpfen: DEN OPFERN. Ein schmaler Pfad führt um dieses Bauwerk. Versteckt dahinter befindet sich das deutsche Haus. Auf den ersten Blick ein Pissoir. Eine Hütte. Die Wände roh gemauert. Backstein von seltsamer Art. Durchsetzt von Löchern. Vollgesogene, aufgeschichtete Schwämme. An der einen Seite befinden sich zwei hölzerne, verschlossene Tore. Emaillierte Schilder mit EINS und ZWEI darüber. Abgesägte, verrostete Stahlträger eines ehemaligen Vordaches ragen aus den Fugen. Fenster in uralten Eisenrahmen. An der anderen Seite zwei Öffnungen, die in Schwärze führen. Hinein in den Hinrichtungsschuppen des Strafgefängnisses Plötzensee. Von 1933 bis 1945 gingen durch diese Löcher über zweitausendfünfhundert Menschen ins Nichts. Im ersten Raum sind schwach beleuchtete Texttafeln an die Wände gehängt worden. Dieselben Texte sind in bereitliegenden Broschüren zu lesen. In der Ecke ein Wandschrank, aus dem touristische Abfälle quellen.
Menschen, die ermordet werden sollten, wurden zuerst hier hineingeführt. Die Hände schon seit Tagen gefesselt. Mehrere Männer standen hinter einem Tisch. Funktionsträger: Der Vorsteher des Totenhauses Appelt, Staatsanwalt Stoltz, der Richter Manfred Roeder, Professor Stieve vom Anatomisch-Biologischen Institut der Friedrich-Wilhelm-Universität und mit gedruckter Einladungskarte in der Tasche Kommissar Strübing. Liane Berkowitz wurde gebracht. Sehr klein und zierlich. Neunzehn Jahre alt. Im Mai 1942 hatte sie eines Nachts Flugblätter auf dem Ku’damm geklebt. Gegen die Propaganda- Ausstellung “Das Sowjetparadies”. Am 26. September 1942 wurde sie morgens um sechs Uhr verhaftet. Sie lebte bei ihrer Mutter. Sie erwartete ein Kind. Im April 1943 wurde ihre Tochter Irene im Frauengefängnis geboren. Vier Monate später “verstarb” das Kind im Krankenhaus der SS in Eberswalde. Diese Nachricht wurde der Mutter noch übermittelt. Der Staatsanwalt sagte: “Scharfrichter, walten sie ihres Amtes!” Zwei kräftige Helfer packten die junge Frau und warfen sie unter das Fallbeil. Der Henker Roettker drückte auf den Knopf. 19 Uhr und 45 Minuten am 5. August 1943. Liane war die letzte von 13 Frauen, die seit 19 Uhr ermordet wurden. Roettker hatte dabei seine Zigarette nicht aus dem Mund genommen. Pro Kopf erhielt er 80 Reichsmark Prämie. Nun begann Professor Stieve mit seiner Auswahl. Hart hatte er in den vergangenen Wochen verhandelt. Seit Kurzem wurde nur noch abends gemordet. Eventuell störende Luftangriffe waren um diese Zeit seltener. Der Professor wollte aber den Anteil für seine Anatomie-Studenten rechtzeitig bekommen. Wenigstens die letzte Straßenbahn sollten sie nach dem Unterricht noch erreichen. Stieve zeigte selektierend auf die offenen Kisten. Die Frauen wurden ausschließlich gynäkologisch seziert. Die zerschnittenen Leichen wurden als Abfall beseitigt. Kommissar Strübing hatte für Lianes Vernehmungen 5.000 Reichsmark Prämie erhalten. 1.1967 verstarb er, geehrt als Mitarbeiter des Bundesnachrichtendienstes. 1951 wurde Roeder angeklagt. Das demokratische Gericht der Bundesrepublik verurteilte nicht ihn. Es sprach gegen die anklagenden Angehörigen der Ermordeten Geldstrafen wegen Verleumdung aus. Roeder lebte rehabilitiert im Kreise der Familie in seiner Villa. Der zweite Raum des Hinrichtungsschuppens enthält nicht einmal Texte an den Wänden. Ein dicker Berliner hat seinen spanischen Freund hergeführt. Er schimpft: „Wieso ist das Waschbecken abmontiert? Nur die gelben Kacheln dahinter sind geblieben. Wo sind die Holzstufen zum Galgen? Weshalb fehlen am Doppel T-Träger drei der ehemals acht Haken? Wo ist das Fallbeil geblieben?” Wir stehen in leerem Raum. Die Erinnerung soll schwinden. Der spanische Besucher geht hinaus. Unter Tannen ein idyllisches Häuschen. Der uniformierte Wächter öffnet. „Haben Sie die Gedenkbroschüre auf Spanisch?” „Nee! Jibs nich’!” „Französisch ginge auch.” „Französisch is’ aus!” Der Wächter schließt die Tür. Mit seinem guten deutschen Schäferhund geht er um die Ecke. Tischzeit. Mahlzeit. Über sechs Meter hohe Mauern weht der Geruch von Sauerkraut und Bauchfleisch. Plötzensee ist heute ein riesiges Knastgelände für Jugendliche. Für Frauen. Bei der Einweihung erwähnten die Politiker mit Stolz die Mutter-und-Kind-Zellen. Das Blut der bestialisch Gemordeten haben die Steine aufgesogen. Es lief in die Abwasserkanäle. Es düngte die Bäume und Pflanzen. Es klebt am Geld der damals Beteiligten. Überall in Deutschland lebten sie. Bauten den Nachkommen Häuser. Von Flensburg bis Freiburg quillt dickes Rot aus den Wänden…
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Tibor Jagielski
tod im tegel
XXV SEPTEMBER
für hannelore
zuletzt schleppte sich eitelberg auf das dach und sprang in die tiefe er lebte im siebten stock und unter seiner loggia wuchsen die zwergkiefern er wollte auf numer sicher gehen, darum erklomm er mit letzter kraft die sechs etagen und stürzte sich vom dreizehnten stock auf die betonplatten; genau dort wo siebenhundert bewohner des hauses tagein tagaus vorbeigehen; einen monat lang trat aus den poren des steines sein blut heraus und färbte rostrot das grau, zwei handflächen gross. neunundvierzig tage wollte ich an ihn denken. manchmal legte ich eine wildrose, zog die mütze ab und blieb eine minute stehen, doch meistens blieb es nur beim rose werfen und mütze ziehen (szybciej, franek, szybciej); einmal wachte ich in der nacht auf, genau um die zeit als er sprang, und fragte mich: warum? (ich suchte dann die brahmsplatte aus, weil bei ihm die träne, die von dem auge fällt das herz erleichtert); ein paar mal sprach ich für ihn das vaterunser (so wie ich es die ganze kindheit und jugend tat, wenn jemand starb); manchmal meditierte ich am seeufer oder dachte an ihn beim schwimmen; doch es gab auch tage wo ich eitelberg komplett vergaß; es ging schnell – so reisst sich leben von dem tode weg und versucht zu fliehen. es ging schnell: zuerst verschwand die leiche, dann die polizei, die gaffer und die reporter; reinigungsarbeiter schütteten den sand und kamen drei tage hintereinander mit den besen; keiner legte einen blumenstrauss oder zündete eine kerze – tschüss, erledigt; – eeyyy!!! läßt es liegen…- rief ich einmal so laut wie ich konnte, als irgendwelche idioten meine blume zertraten (sie wurden plötzlich zehn zentimeter kleiner und bogen im rudel brav um die ecke), es war mitternacht und später, viel später, kurz vor dem sonnenaufgang, flog das reiherpaar mit dem jungen am rostroten himmel vorbei und dahin. am siebenunddreißigsten tag fing es zu regnen an; die wolken kamen aus dem westen und brachten näße drei tage lang; dann fuhr ich weg auf die insel gepeitscht vom wind und von zweifel; doch die ließen bald nach, als ich die wellen umarmte, sanddorn pflückte und schnitt ab den flundern die köpfe; es wurde stiller und stiller; bis die feuerquallen an den strand kamen und tanzten im seichten gewässer; sie waren rostrot; doch ich ging am fünfzigsten tag mit undine in das blau an ihnen vorbei.
Universitäten des Lebens: Wissen, Ohn-macht, Zugehörigkeit
Dr. Joanna Pfaff-Czarnecka ist Sozialanthropologin, mit dem regionalen Schwerpunkt in Südasien (Nepal und Indien). Sie arbeitet als Senior-Professorin an der Universität Bielefeld. Ihre Forschungsgebiete sind Universitäten und die Prozesse des Studierens, sowie die Kreation von Wissen mit dem Fokus auf Ohn/Macht und Ungleichheit. Theoretisch erkundet sie Konstellationen von Zugehörigkeit; methodologisch beschäftigt sie sich mit qualitativer Erforschung asiatischer Gesellschaften und Kulturen über Verflechtungen und Vergleiche.
Über Ihr Vortrag schreibt sie: Die Welt des Wissens ist stark hierarchisch organisiert und sie zeichnet sich durch zahlreiche Exklusionen aus. Wie benachteiligend und ausschließend die Welt des Wissens – das heißt Orte, wo Wissen kreiert und weitergegeben wird – sein kann, haben beispielsweise die südasiatischen Dalits, vormals: in Indien und Nepal als ‚unberührbar‘ bekannt, einschneidend erlebt und erfahren. Mein Vortrag schildert den Kampf der Dalits um Anerkennung und um den Zugang zu Orten des etablierten Wissens, etwa zu Universitäten. Dabei zeige ich auch, wie mir diese Thematik zu Einsichten über die Bedeutung des nicht-akademischen Wissens verholfen hat, und welche Möglichkeiten des Engagements ich heute wahrnehme.
Im Rahmen des Projekts „Wir Drei” werden Ewa Maria Slaska, Elżbieta Kargol und Krystyna Koziewicz am Freitag, den 17. October 2025 Joanna Pfaff zu Gast haben.
Od Adminki:
My trzy, Ela Kargol, Krysia Koziewicz i Ewa Maria Slaska zapraszamy do SprachCafé Polonisch na spotkanie z niezwykłą podróżniczką po światach, kulturach i językach, naukowczynią z kategorii tych, których niemal się nie spotyka, a jacy powinni być zawsze i wszędzie, żebyśmy mogli poczuć na twarzy prawdziwy jesienny powiew nauki (nauka się zaczyna jesienią,przychodzi razem z grzybami i kolorowymi liśćmi, wszyscy to wiemy), która jest czymś znacznie więcej, niż zbieraniem punktów za publikacje.
My trzy Ewa Maria Slaska, Elżbieta Kargol, Krystyna Koziewicz zapraszamy na spotkanie w Polskiej Kafejce Językowej
w piątek 17 października o godzinie 19
Schulzestr. 1 13187 Berlin – Pankow Stacja kolejki Wollankstrasse(tylne wyjście!!!!)
pamięci pokolenia staszka pyjasa twoje pokolenie spadło ze schodów w wieku lat 24
wczoraj – po wielokrotnych denuncjacjach i inwigilacjach, wiwisekcjach i ekshumacjach – ogloszono na fesjsbuku:
było pijane i samo sobie winne.
z cyklu: “wizje tylko lokalne”
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Michael Meinicke
Staszek Pyjas – 7. Mai 1977 – Kraków
Mit den Leuten, die alle schwarze Regenschirme halten, stehe ich vor einem alten Haus im Zentrum der Stadt und versuche, die Rede eines polnischen Studenten zu verstehen. Er steht im Hauseingang, von schwarzen Todesfahnen umgeben. Links und rechts kleine Plakate an den Wänden, vor denen Sterbelichter flackern. Als ich das Haus betrete weiß ich, dass hier Staszek das letzte Mal an unsere Welt dachte, an seine Freunde, seine Liebe, an Arbeit, an den Kampf, den er im unerwünschten Komitee zur Unterstützung der Arbeiter führte, an Hass und Freude. Vielleicht auch an sein Philologiestudium, seine Artikel im Studentenmagazin und seine Pläne für die Zukunft, die Hoffnungen auf die Schönheit unseres menschlichen Lebens – bis er über das Treppengeländer stürzte und Schädel und Herz auf den alten Fliesen zerbrachen. Ich sehe auf die Blumen dieser Stelle und auf das kleine Passfoto, auf die Totenwache einer Studentin und eines bleichen Kumpels, den ich für eine Wachsfigur halte, als sich mein Körper verkrampft. Ich denke an meine Freunde und mein Leben und das alles in unserer Welt gleich ist, auch wenn wir durch Grenze und Sprache getrennt sind. Und ich fühle den Händedruck und das mutbringende Lächeln der Polen in der soeben besuchten Totenmesse in der Dominikanerkirche. Welches Entsetzen, welche Macht, welche tödlichen Erlebnisse lassen uns unsere Liebe und Sehnsucht vergessen? Ich schäme mich, weil ich nicht schreie, weil ich lebe und liebe in dieser Finsternis, weil ich nicht mehr helfen kann. Weil ich das hier begreifen, geschehen lassen muss. Nichts ist mehr möglich, nur durchhalten, um die winzige Flamme, diesen kleinen, fast vergessenen Traum des Glücks weitertragen zu können. Es wird die Zeit kommen, wo wir nicht mehr Straßen, Plätze mit den Namen der Opfer benennen müssen. Wo es keine Denkmäler und Tafeln mit Trauerblumen an den Wänden geben wird. Alles wird dann in uns selbst existieren. Wir werden daraus bestehen. Eins sein mit unserer Hoffnung und glücklich in jeder Sekunde. Glücklich, wenn Worte wie Terror, Kampf und Sieg vergessen sind. Endlich wird uns bewusst sein, dass wir leben ohne Angst, die Zukunft verlieren zu müssen. Wir werden uns mit dem unbekannten Staszek treffen und mit allen, die Schmerz und Entsetzen in die Musik einer kommenden Gemeinschaft verwandelt haben. Einmal werden wir uns ohne inneres Grauen lieben.
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Erst nach Veröffentlichung dieses Beitrags, schickte mir Autor dieses Foto:
Beschreinung vom Autor: Foto – 1977 Kraków. Unser Treff. Links Sue, mit der ich immer befreundet bin. Rechts meine 1. Ehefrau. Unten heimlich von mir aufgenommen – sie stehen an, um Abschied zu nehmen. Hier wurde er ermordet.
Im Coronawinter von 2020 zog Mascha Schilinski gemeinsam mit ihrer Freundin und Co-Drehbuchautorin Louise Peter auf einen alten Bauernhof in der deutschen Altmark. Dort sind sie auf einen Schnappschuss aus den 1920er-Jahren gestossen – und eine Idee ist geboren. Der Film In die Sonne schauen spielt auf diesem Hof und reiht kurze Szenen, manchmal auch nur Blitzlichter aus vier Epochen des letzten Jahrhunderts aneinander. Der Film ist ein Ereignis, ja eine Offenbarung, schreibt Feuilleton-Autorin Anne-Sophie Scholl.
Wie jedes Jahr gehört der September meiner geliebten südlichen Toskana, der Maremma. Seit vielen Jahren pilgern wir hierher; ich schreibe bewusst „pilgern“, weil es sich für mich auch etwas wie eine spirituelle Reinigung anfühlt. Von weitem grüßen die riesigen Schirme der Pinien, das Meer glitzert, die Menschen lachen, die langen Fahrradpisten sorgen auch für sportliche Herausforderungen, der Kaffee kostet immer noch 1,60, ein budino di riso (eine Spezialität in der Toskana, ein Reisküchlein) 1,50, das Eis gibt es in unmöglichsten Geschmacksrichtungen, auch Dubai-Schokolade ist dabei, das Essen schmeckt überhaupt hervorragend; das hört sich wie eine Ansammlung von Klischees an, doch es ist die reine Wahrheit, die wir hier Jahr für Jahr erleben. Dieses kleine Paradies befindet sich unter dem Monte Argentario, und auch wenn rundherum in der Welt vieles den Bach runter läuft und wir als passive Beobachter untätig bleiben, bilde ich mir ein, hier darf ich das Paradies genießen.
Prolog: der Text ist während einer Sitzung der Schreibwerkstatt im Polnischen Sprachcafé entstanden. Unverständlich für mich kamen Einwände von einer angeblich polnischstämmigen Teilnehmerin, dass sie über den Warschauer Aufstand nichts wüsste und nichts wissen wolle. Ihre Eltern hätten ganz andere Erfahrungen…
August 2025
Der Tag danach. Gestern um 17.00 Uhr stand ganz Warschau still, hörte auf die Sirenen, dann wurden Lieder angestimmt, die polnische Nationalhymne. Unheimlich, dachte ich, als ich auf meinem Handy die Videos aus Warschau sah, die wissen jetzt mehr über den Warschauer Aufstand von 1944 als ich, die ich mein Leben lang neben meinem Vater lebend gewusst hatte. Er hat so lange geschwiegen, die Angst vor möglichen Konsequenzen war größer als sein Wille, seine Erlebnisse im Warschauer Aufstand mit uns zu teilen. Zum Glück hat er noch den Bau des Museums des Warschauer Aufstands erlebt, konnte noch aktiv daran mitwirken, indem er seine Erinnerungen aufschrieb und dem Museum übergab, sich interviewen ließ. Vielleicht hat ihn das erleichtert; da war er schon sehr alt und sehr krank… und ich war in Deutschland. Er gehörte dem Bataillon junger Pfadfinder „Parasol“ an, fast alle kamen bei den Kämpfen ums Leben, nur einige wie mein Vater verwundet, wurden aus dem völlig zerstörten Warschau in Gefangenenlager in Deutschland abtransportiert. Doch ihr Mythos lebte in Polen weiter.