Monika Wrzosek-Müller
„Was wir wissen können“
Ich will nicht wie Kassandra klingen und eigentlich wollte ich, dass sich meine Befürchtungen nicht so schnell bewahrheiten. Trotzdem spürte ich schon lange, dass wir hier, in Deutschland als Gesellschaft, als Land irgendwohin driften, wo es ziemlich düster aussieht, aber auch, dass die Welt nicht optimal vorankommt, sei es in Sachen Klimakrise oder angesichts der vielen Konflikte, die militärisch und nicht diplomatisch gelöst werden. Manche Konflikte erscheinen einem unlösbar, andere werden von Kräften blockiert, die offensichtlich niemand bewegen kann. Für mich fehlte es in der westlichen Welt von Anfang am Gedanken der Solidarität in den Gesellschaften, in den Familien, in Deutschland fehlte es auch an einem positiven nationalen Gedanken, aus bekannten Gründen; die Religionen haben ihre Rolle bei der moralischen Bildung der Menschen sowieso schon längst aufgegeben. Je tiefer der Individualismus in die Falle des Narzissmus geriet, desto schwieriger gestaltete sich der gesellschaftliche Zusammenhalt. Jeder zog für sich das Wenige heraus, das er erlangen konnte, und das meiste blieb sowieso in den Händen der Wenigen, die materielle Güter ohne Anstrengung und Arbeit vervielfachten; einfach durch irgendwelche dubiosen Geldanlagen, Fonds und Spekulationen. Inzwischen sind wir an einem toten Punkt angelangt, wo wirklich eine Minderheit in den westlichen Ländern so viel Geld besitzt, dass sie eigentlich über alles bestimmen könnte. Anrüchig dagegen sind „nur“ die Oligarchen und die Mafiosi; dass mit legalen Mitteln des Finanzmarkts dasselbe passiert, interessiert eigentlich niemanden, und dass wir hier in Deutschland längst zu einer „unverdienten Ungleichheit“ gekommen sind und sich die Erbgemeinschaft ausgebreitet hat, wird nicht laut besprochen, und dass das alles unzertrennlich mit unserer Demokratie und Freiheit verbunden ist, die inzwischen auch bedroht sind, wird auch irgendwie außer Acht gelassen.
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