Monika Wrzosek-Müller
Der Harz und seine Fichtenwaldkatastrophe
Wir fuhren in den Harz, in das Mittelgebirge, das einst an der Grenze der zwei deutschen Staaten lag, wohin sich die Westberliner aus ihrer abgeschlossenen Insel immer wieder flüchteten. Vor Jahren war ich da einmal für längere Zeit, in Braunlage. Jetzt fuhren wir aus einem sehr schönen Anlass: unsere Nachbarin wurde 80 und wollte das entsprechend feiern; wir freuten uns auch, die Landschaft wiederzusehen. Leider war der erste Anblick, der der Vorläufer der höheren Hügel, fürchterlich, richtig grauenvoll, die gewaltigen Wälder, an die wir uns erinnerten, waren weg, abgestorben. Aus den nackten Wiesen ragten einzelne graue Skelette von Bäumen, viele waren umgefallen und lagen kreuz und quer herum. Die Szenerie erinnerte mich an den Elefantenfriedhof aus dem Film Der König der Löwen; überall graue Gerippe, graue ausgetrocknete Äste und Baumstämme in bizarrsten Stellungen. Rundherum Wiesen mit gelbem, schon jetzt ausgetrocknetem Gras. Ganz selten konnte man doch kleine Fichten erblicken, das war hauptsächlich an den Nordhängen, auf den südlich gelegenen wuchs nichts, sie waren der Sonnenstrahlung offensichtlich zu sehr ausgesetzt. Erst oben in St. Andreasberg gab es einzelne Bäume, auch nicht Fichten, sondern Laubbäume, und an manchen Stellen wurde jetzt auch Mischwald gepflanzt.
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