Monika Wrzosek-Müller
Antalyas Umgebung: Termessos und Ariassos
Um von fast Meereshöhe auf 1100 zu kommen, braucht man einige Zeit und vor allem gute Straßen; heutzutage ist das auch kein Problem, aber wie haben sie das in der Antike geschafft, noch dazu riesige Steinblöcke transportiert, große Anlagen, Mauern, Aquädukte gebaut? Diese Fragen beschäftigen mich die ganze Zeit während dieses Ausflugs.
Wir fahren mit einem ältlichen Renault, der faucht und schwitzt und die Erhebungen vor sich eher nicht mag. Später, auf dem Rückweg wird alles leichter, immer wieder muss man bremsen.
Die Wohnviertel ziehen sich endlos hin, entlang einer sehr sorgfältig angelegten neuen Tram-Trasse mit schicken Haltestellen. Doch manche von den Wohnblocks sehen irgendwie leer aus; angeblich wollen da keine Menschen einziehen, es ist zu heiß im Sommer, zu weit vom Meer entfernt. Früher waren das auch Sumpfgebiete, wo Malaria nicht ungewöhnlich war, niemand wollte da leben. Alle Wohnviertel in Antalya, die weiter weg von der Küste liegen, werden schäbiger, wirken grauer, ungepflegter. Erst auf den Hügeln, da beginnt wieder das Grün der Kiefernwälder, die schon angesprochenen Park-Picknick-Areas ziehen sich kilometerlang entlang der gut ausgebauten Straße. In einem Moment fahren wir an einem riesigen Kopf von Atatürk im Kent Ormani-Park mit vielen Wasserfällen vorbei. Es bieten sich auch wunderbare Ausblicke auf ganz Antalya, die Küste und rechts das riesige Massiv des Taurusgebirges. Im Februar ist die Sicht noch an manchen Tagen glasklar und man blickt ganz weit bis nach Side. Bald biegen wir von der Schnellstraße auf die einspurige, winzige, kurvenreiche Straße ab, die sich steil nach oben windet und ab und zu von antiken Ruinen an den Seiten begleitet wird. Die Fahrt dauert lange und erst danach, schon im Nationalpark Güllik Dagi kommt der Aufstieg; ca. 40 Minuten Fußmarsch, steil nach oben mit wunderbaren Ausblicken auf die Berge und die Flora rundherum. Unterwegs passiert man Ruinenreste der Tore, der Befestigungsmauer. Normalerweise waren die antiken hellenistischen Städte im Schachbrettmuster angelegt, hier ist alles anders wegen des Geländes, hier scheint alles seinen speziellen Platz zu haben. Inzwischen mit Kiefern und Eichen bewachsen, verströmt die Gegend eine unheimliche Atmosphäre. Es ist auch deutlich kühler und die Luft ist klar, frisch, sauber.
Immer wieder kehrt die Frage zurück: wie haben sie das geschafft, diese Steigung bewältigt, Baumaterial herangeschafft, die riesigen Zisternen und ganze Wassersysteme angelegt?
Diese Stadt hat sich niemandem ergeben. Bei Homer wird sie als unbezwingbar erwähnt und auch Alexander der Große hat sie nicht erobert, obwohl er sie 334/333 v. Chr. lange genug belagerte. Sie konnte ihre Unabhängigkeit und ihre Sonderrechte immer wieder behaupten und blühte immer wieder auf, auch in römischer Zeit. In der byzantinischen Zeit war sie sogar Bischofssitz. Archäologisch vermessen und erstmals dokumentiert wurde sie wiederum von Graf Karl Lanckoronski. Sie hatte eine direkte Verbindung zu einer kleineren Stadt Ariassos in den Bergen. Beide Städte prägten Bronzemünzen und lebten hauptsächlich von Zahlungen der Kaufleute, denen sie Wegezölle, aber auch Übernachtungsgebühren abverlangten.
In Termessos sind fünf riesige Zisternen zu sehen, die Ruinen einiger Tempelanlagen, ein Odeon und unter dem Berg Solymos die schönste Theater-Anlage, die ich jemals gesehen habe. Man kommt wirklich aus dem Staunen nicht heraus, wie das Leben in dieser Stadt vor sich ging, denn es gab hier keine Landwirtschaft, dafür gab es keinen Platz, es gab nur steile Wege, die vielleicht mit Eseln zu bewältigen waren, ansonsten musste man alles auf dem Rücken schleppen. Die Fülle der Münzen, die man im Archäologischen Museum in Antalya sieht, bestätigt die Existenz einer sehr lebendigen, von vielen Menschen bewohnten Stadt.
Auf jeden Fall eine sehenswerte, ganz besondere antike Stadt.
