Uwaga od Adminki: Przepraszam polskich Czytelników, ale już drugi raz się zdarzyło, że z przyczyn technicznych nie dotarł do mnie środowy wpis Romana Brodowskiego z cyklu Historia Ukrainy.
Monika Wrzosek-Müller
Max Cegielski, Prince Polonia
Nun ja, ich habe tatsächlich angefangen zu der „Schreibwerkstatt“ zu gehen. Irgendwie fühlte ich mich in einer Sackgasse. Immer schreibe ich über etwas, das an meinem tiefsitzenden und mich immer wieder aufrüttelndem Thema vorbeigeht. Vielleicht war auch das ganze Schreiben nur Vorübung, um mich auf das große Thema der Vergangenheit vorzubereiten. Die Treffen mit anderen Schreibenden helfen doch dabei zu bleiben, nicht nachzulassen.
Bei einem von diesen Treffen, im Sprachcafé schaute ich mich in der Bibliothek um und fand auf einem Regal mit Neuerscheinen ein dickes Buch; auf dem rot-orangenen Umschlag stand mit großen schwarzen Buchstaben Max Cegielski, sehr einprägsam. Es stellte sich heraus – das war der Autor; der Titel dagegen war mit deutlich kleineren Buchstaben gedruckt: Prince Polonia. Jemand hinter mir sagte: ein super Buch!
Da überkam mich eine Welle von Erinnerungen. Der kleine Max, ganz am Anfang meines Aufenthalts in West-Berlin, in Deutschland! War das 1985 oder 86? Wir wohnten noch in Kreuzberg, die deutsche Wirklichkeit war mir damals noch ein völliges Rätsel (nicht, dass sie mir jetzt völlig verständlich wäre). „Hast Du mal ne Mark?“ – auf dem Hermannplatz; in den Straßen rundherum Müll und Obdachlose, etwas weiter, auf der Sonnenallee, die ganzen Türken, die irgendwann meine Schüler in den VHS-Sprachkursen sein sollten; das war wirklich neu und mir völlig unbekannt und eigentlich, ehrlich gesagt, war ich darauf, auf so viel Hässlichkeit, überhaupt nicht vorbereitet. Ich sehnte mich nach dem goldenen Westen, bunt, reich, na, wenigstens wohlhabend, nach ausgedehnten Reisen, guten Autos, fescher Kleidung, na das ganze Gegenprogramm zum grauen Osten.
Doch zurück zu Max Cegielski. Ich habe ein paar Wochen, oder waren es Tage, am Anfang meines Berliner Lebens auf ihn aufgepasst; sein Vater war Stipendiat in Berlin, aber wir kannten uns aus Warschau. Seine Eltern waren immer im Streit miteinander und der Welt und hatten wenig Zeit für den sehr aufgeweckten Kleinen. Ich erinnere mich an einen Ausflug zur Pfaueninsel und unsere Beobachtung der Kämpfe zwischen den Pfauen, aber auch von anderen Vögeln in den Volieren. Der Junge fand die Pfauen toll, war fasziniert davon, dass sie so frei herumspazieren durften und sogar auf die niedrigen Äste der Bäume flogen. Wir beobachteten sie lange, versuchten bei den Kämpfen zu vermitteln.
Ja tatsächlich, das Buch stammte von diesem Max Cegielski, einem inzwischen gestandenen Schriftsteller in Polen. Ich fand schnell heraus, dass er schon um die zehn Titel veröffentlicht hat. In Wikipedia lese ich, dass er Journalist, Schriftsteller, Reisender, Radio- und Fernsehmoderator auch Kulturanimateur ist, doch in einem Interview besteht er darauf, dass er inzwischen vor allem Schriftsteller sei. Natürlich war er ein Reisender, in andere Kontinente, Kulturen, in andere Welten, meistens auf der Suche nach dem eigenen Ich. Das sickert in den Büchern durch, ist ein Thema, das ihn immer interessiert. „Prince Polonia“ ist ein Buch über Freundschaft, oder auch über das Polen der 80er Jahre auf dem langsamen Weg der Transformation zum Kapitalismus, mit ungeheurem Einfallsreichtum für die Ausschöpfung der Möglichkeiten, wo immer sie sich boten. Zwei junge Polen aus Stettin, noch Gymnasiasten, später ewige Studenten – aus einer Stadt, die wirklich nicht polnisch, und immer noch wenig polnisch wirkt; sie aber sehr polnisch, auf der Suche nach den Möglichkeiten, die westliche Kultur (sprich Kleidung, Musik, Alkohol und Zigaretten) für sich zu generieren. Ja, ich lese und spüre, wie arm wir waren, wie verblendet und begeistert für diese andere bunte Welt, wie sie uns magisch anzog, das betrifft auch mich und meine Generation. In dem Buch geht es um die letzte Dekade der Volksrepublik, die Jungen träumen vom besseren Leben. Was sich anbietet, ist halblegaler Kleinhandel, erst einmal in der DDR, dann über Budapest nach Istanbul, später nach Indien und letztendlich landen sie in Singapur. Die Träume werden immer realer, da ist auch die große Liebe und die große Eifersucht, das Leben wird auch immer gefährlicher, der Einsatz und der Gewinn immer größer. Die Fahrt kann man schwer stoppen, eines folgt dem anderen, so wie die Transformation im eigenen Land, in Polen, noch vor dem runden Tisch, vor den endgültigen politischen Veränderungen. Es ist ein gutes Buch, es bringt viel Energie, viel Wut, Emotionen zum Ausdruck; es beschreibt genau, wie es hätte verlaufen können, wie es vielleicht auch wirklich war. Ich bin begeistert.
Ich lese das Buch an der polnischen Ostsee, in einem Hotel-Resort, bin der Berliner Tristesse im Januar kurz entkommen. Ich gerate an die neblige Küste mit den wunderbar weiten und langen Stränden. Sonnenstrahlen sind eine Seltenheit, dafür erstaunlich viele Familien mit Kindern auch Großeltern mit den Enkeln und einigen Hunden. Im Hotel „rejwach i tłum“ (Rummel, laut, Menschenmassen), es sind gerade Winterferienzeit. Im Frühstücksraum ist es voll, die Tische sind für vier Personen konzipiert; ich setze mich an einen und bald, eigentlich sofort kommt eine ältere Dame mit einem kräftigen Mädchen dazu. Sie nehmen Plätze neben mir ein und wir fangen an zu sprechen, es stellt sich heraus: es ist die Oma mit ihrer Enkelin, sie leben nicht in derselben Stadt, deswegen hat die Oma die Enkelin in das Hotel eingeladen, damit sie zusammen sein, zusammen etwas unternehmen können. Die Oma lebt ausgerechnet in Stettin, das Mädchen in Schlesien. Wir verbringen, ab da zu dritt, eine ausgedehnte Stunde mit dem schmackhaften Frühstück zusammen. Ich lerne ihre Probleme kennen, in den kurzen Pausen, in denen sich das Mädchen ihre Portionen vom Buffet holt, erfahre ich, wie kompliziert das Leben dieses jungen Mädchens ist.
Irgendwann erzähle ich, dass ich gerade ein Buch von Max Cegielski lese, frage, ob sie den Schriftsteller kennen würden. Und siehe da, es stellt sich heraus, das Mädchen kennt ihn tatsächlich, zwar nicht als Autor aber sie kennt ihn doch aus dem Radio, hat auch seine Sendung gehört, auf dem Radio Roxy oder Nowonce. Ich empfehle ihr den Roman „Prince Polonia“ und sie versichert mir, den werde sie auch lesen.
