
Am 27. Januar 2024 schrieb Anne Schmidt: Folker ist um 20:15 verschieden.
Mehr als 10 Jahren waren wir beide, Folker Schmidt und ich, im Verein Städtepartner Stettin tätig. Der Name sagt nicht alles. Es handelte sich (und handelt weiter) um Partnerschaft zwischen polnischen Szczecin und Berliner Bezirke, zuerst nur Kreuzberg, und dann noch Kreuzberg-Friedrichshain.
Seit Jahren interessierte ich mich für polnische Gräber in Berlin, ich suchte sie überall, was in Berlin gar nicht so einfach ist, wenn man bedenkt, dass es hier ca. 270 Friedhöfe gibt, dass es damals nocht nicht die digitalisierten Listen der Gräber gab, aber auch wenn ja, wenn sie es schon damals gegeben hätte, wäre das kaum eine Hilfe bei der Suche, da nich jede(r), der/die polnischen Namen trägt, verpflichtend ein Pole / eine Polin ist (denken wir an all die Landowsky, Olschewsky oder Orlowsky) und es gibt aber auch Müller oder Brückner, die doch Polen sind, obwohl deren Nachname deutsch ist. Kurzum: Man musste suchen und wissen, oder wenn nich wissen, dann Glück haben.
Immer wieder bei unseren Treffen im Rathaus Kreuzberg, wo wir als Verein seit Jahren ansässig waren, erzählte ich von meinen Recherchen. Irgendwann fuhren wir nach Stettin, den Haptfriedhof zu besuchen, den drittgrößten deutschen Friedhof, nach Berlin Stahnsdorf und Hamburg. Als wir zurück fuhren mit dem Zug, der damals noch so wunderbar zwischen Berlin und Stettin verkehrte, fragte mich Folker, ob ich nicht denke, dass es ein Thema für uns als Verein und für mich als Forscherin wäre: Deutsche Gräber in Stettin und polnische Gräber in Berlin.



Polnische Gräber in Berlin, Fotos: Anna Kuzio
Und so begann es. 2013 organisierten wir eine Ausstellung zu diesem Thema. Im Sommer in Berlin, in einer Kapelle in den Friedhöfen an der Bergmannstraße, im Herbst in Stettin, in der Vorhalle des Hauptfriedhofs. 2016 gaben wir dann noch ein Buch heraus.





Fotos (auf der Tafel und der Tafel): Anna Kuzio / Graphik der Ausstellung: Gerhard Fuhrmann / Graphik des Buches: Michał Krenz

Folker und ich bei der Eröffnung der Ausstellung. Foto Ela Kargol.
Das Motto der Ausstellung und des Buches war eine Strophe aus diesem Gedicht.
Michelangelo Buonarroti (1475-1564)
Qui vuol mie sorte c’anzi tempo i’ dorma:
Nè son già morto: e ben c’ albergo cangi,
resto in te vivo, c’ or mi vedi e piangi;
se l’un nell’ altro amante si trasforma.
Es sandte mir das Schicksal tiefen Schlaf.
Ich bin nicht tot, ich tauschte nur die Räume.
Ich leb in euch, ich geh in eure Träume,
da uns, die wir vereint, Verwandlung traf.
Los chciał, bym spał tu, nim moja wybije
Pora; nie umarłem; po siedziby zmianie
W tobie płaczącym, żywy, mam mieszkanie,
Jeśli kochany w kochającym żyje.
Die Ausstellungmacher waren Anna Kuzio, Autorin der Fotos, ich als Kuratorin, unser damaliger Vorsitzende, Wolfgang Hahn, der Graphiker Gerhard Fuhrmann und Folker. Also ganz viele Menschen, aber vom Verein waren wir da immer zu dritt. Wir trafen uns, planten, transportierten, hängten auf, hängten weg, hängten wieder auf. Und immer wenn wir an den Titel der Ausstellung kamen – Ich bin nicht tot – beteuerte Folker, ja, ich bin nicht tot! Dieser Kommentar von ihm war eigentlich so sicher, wie Amen im Gebet. Ja, ich bin nicht tot.
Jetzt ist er tot. Aber nein, das glaube ich nicht.
Es sandte ihm das Schicksal tiefen Schlaf.
Er ist nicht tot, er tauschte nur die Räume.
Er lebt in uns, er geht in unsere Träume,
da uns, die wir vereint, Verwandlung treffe.



Folker, der Weishaarige, hinten rechts bei einer Weihnachtsfeier des Vereins im Ostpost, einer der unzähligen Veranstaltungen, die wir im Laufe der Jahren machten, Feiern, Ausflüge, Begegnungen, Aktionen. Fotos: Ela Kargol
PS. Verband Evangelischer Friedhöfe und da besonders der Pastor Quant, und Mitglieder des Vereins Städtepartner Stettin: Wolfgang Hahn, Brigitte von Ungern-Sternberg und die Eheleute Anne und Volker Schmidt haben das Vorhaben um Ausstellung und Buch maßgebend finanziell unterstützt, sowohl als Vereinsvorstand als auch privat also aus eigener Tasche. Bis heute rührt es mich, wenn ich daran denke.
Danke Euch allen, danke Folker!
Das Begräbnis wird am 22.2. um 10h auf dem Alten Luisenstädtischen Friedhof am Südstern (Bergmannstr.) statt finden.
