Gedanken zu Weihnachten / Neujahr

Monika Wrzosek-Müller

Weihnachts- und Neujahrfest liegen zeitlich so nah beieinander, dass man fast immer im gleichen Zug die Wünsche ausspricht: Frohe Weihnachten und glückliches Neues Jahr, Wesołych Świąt i szczęśliwego Nowego Roku, Merry Christmas und a Happy New Year; und doch handelt es sich scheinbar um zwei verschiedene Anlässe. Nach längerem Nachdenken kommt aber die Einsicht, dass der ursprüngliche Ausgangspunkt in ähnlichen Bereichen liegt, nämlich in Naturereignissen. Denn es handelt sich um die Zeit der Wintersonnenwende; auf den 22. (manche sagen: den 25.) Dezember fällt der kürzeste Tag und somit die längste Nacht. Das bedeutet, dass danach die Dunkelheit wieder abnimmt und die Stunden des Lichts wieder mehr werden. Somit könnten wir Weihnachten als den Abschied von der Dunkelheit feiern; da wird das Christkind geboren und damit neue Hoffnung geweckt, auch auf Licht. Mit der Geburt begrüßen wir den Neuanfang, so wie wir das zu Neujahr auch feiern; dass die Feste so neben einander liegen, ist dann ganz verständlich. Sicher kein Zufall auch, dass auch in China zur gleichen Zeit die Wintersonnenwende gefeiert wird – mit dem Dongzhi-Fest am 22. Dezember (wie uns unsere Freunde Jia und Fu erzählt haben).

Bei beiden Festen sind Rituale und bestimmte Bräuche von großer Bedeutung, auch das Sich-Zurückziehen, die Besinnung, die Pause sind fester Bestandteil der Tradition. Dabei unterscheiden sich die Rituale und Bräuche nicht nur national, sondern fallen sie von Familie zu Familie unterschiedlich aus und werden an die nächste Generation weitergegeben.

Das Neujahrsfest beruht auf Kalenderberechnung, also auf dem Mondkalender (in unserer Kalenderrechnung) oder dem Sonnenlauf, so fällt er in verschiedenen Regionen der Welt auf andere Tage. Angeblich wurde der 1. Januar lange auch Marienfest genannt und wie Mariae Himmelfahrt gefeiert. Auf jeden Fall gehört dieses Fest immer zum jahreszeitlichen Zyklus und ist mit Besinnung (viele wünschen ja auch „besinnliche Weihnachten“), Nachdenken über das Vergangene (Erfolge, Niederlagen, Entscheidungen: positive, negative), Gesundheit, Beruf; hier kann man auch die guten Vorsätze für die Zukunft verorten.

So ist es nicht verwunderlich, dass ich plötzlich ganz viel darüber nachgedacht habe, warum ich schreibe, was ich damit erreichen will, was ich für Pläne für das nächste Jahr habe, wie sich die Welt, das Weltgeschehen weiterentwickeln wird, was ich mit meiner Schreiberei bewegen kann. Dazu habe ich in einem Interview in der FAZ mit dem schwedischen Schriftsteller Jonas Jonasson, dem Autor des Romans „Der Hundertjährige, der aus dem Fenster kletterte und verschwand“, gelesen:

„Ich glaube, dass für mich das Schreiben eine Therapie war und ist. Ich bin zutiefst beunruhigt über den Zustand der Welt. Wenn ich schreibe, beobachte ich sie, vermag über sie zu lachen oder Witze zu machen. Das macht das Überleben einfacher und ist sinniger, als wenn man sich herunterziehen lässt. Einer meiner liebsten Schriftsteller war der israelische Dichter Amos Oz. Er sagte mal so treffend: ‚Ich habe nie einen Fanatiker mit Humor kennengelernt‘.“

Es könnten meine eigenen Worte sein; ich hänge am Schreiben, weil es für mich eine Therapie ist. Das Schreiben erlaubt mir in, minimalen Schritten, im Schneckentempo voranzukommen, auch über bestimmte Sachverhalte bis zu Ende nachzudenken, aber auch zu neuen Impulsen, neuen Fragen zu kommen. Besonders jetzt, wo die die Konflikte rundherum zunehmen und keine raschen Lösungen in Sicht sind, bildet das Schreiben einen Anker, erklärt mir selbst oft vieles, erlaubt durchzuatmen und zu hoffen. Es regt aber auch das Denken und Suchen nach neuen Wegen, neuen Alternativen an; ich verharre nicht im Vakuum, im leeren Raum, er füllt sich mit Worten, mit Ideen und die bringen mich zu anderen Menschen, zu Begegnungen, letztendlich zu Inspiration.

Das wünsche ich allen unseren Autoren für das Neue Jahr 2024 auf dem Blog: Blitze der Inspiration und Ausdauer und Ehrgeiz, sie dann zu verwirklichen, d.h. zu schreiben.

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